„Mord auf dem Inka-Pfad“: True-Crime-Serie mit Nina Gummich: „Es gibt eine Faszination für das Düstere“

In der ARD-Serie „Mord auf dem Inka-Pfad“ spielt Nina Gummich eine Kommissarin, die einem Mann den Mord an seiner Frau nachweisen muss. Der Fall basiert auf wahren Ereignissen.

Es ist einer der spektakulärsten Kriminalfälle in der deutschen Nachkriegsgeschichte: Im Januar 1997 wird die deutsche Wissenschaftlerin Ursula Glück-Tesler während einer Reise nach Peru ermordet. Gemeinsam mit ihrem israelischen Mann, Ilan Tesler, war die damals 34-Jährige zu einer Wanderung auf dem Inka-Pfad aufgebrochen, um die Ruinenstadt Machu Picchu zu besichtigen. Doch dort kommt Glück-Tesler nie an. Am Morgen des 7. Januar 1997 wird sie durch einen Kopfschuss lebensgefährlich verletzt und stirbt sechs Tage später in einem Krankenhaus in Lima. Da Ursula Glück-Tesler deutsche Staatsbürgerin war und in München geboren wurde, nimmt die Mordkommission in der bayerischen Hauptstadt die Ermittlungen auf. Ins Visier gerät der Ehemann der Toten. Ilan Tesler verstrickt sich bei der Befragung in Widersprüche, doch die Kommissare können ihm nichts nachweisen.

Zwei Jahre stagnieren die Ermittlungen, bis die Familie von Ursula Glück-Tesler erfährt, dass Ilan Tesler von verschiedenen Versicherungen eine Summe in Millionenhöhe ausgezahlt wurde. Im April 1999 wird Tesler wegen Mordverdachts festgenommen. Anschließend startet ein aufwendiger Ermittlungsmarathon: Die zuständigen Kommissare stellen weitere Nachforschungen an, reisen nach Peru, um die Tat zu rekonstruieren, sammeln Indizien und befragen weltweit Zeugen. Im Januar 2001 beginnt in München der Prozess gegen Ilan Tesler. Ein Jahr später wird er wegen Mordes mit besonderer Schwere der Schuld zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Einen Großteil seiner Haft sitzt Tesler in Israel ab. In diesem Jahr soll er freikommen.

28 Jahre nach dem Mord an Ursula Glück-Tesler wird der Fall nun in einer vierteiligen ARD-Serie aufgegriffen. Der stern hat mit der Hauptdarstellerin Nina Gummich gesprochen.

Frau Gummich, gehen Sie anders an die Vorbereitung heran, wenn es sich um eine reale Geschichte handelt anstatt um einen fiktionalen Stoff?
Es ist schon etwas Besonderes, wenn man weiß, dass es wirklich so passiert ist. Bereits beim Lesen des Drehbuchs hatte ich Gänsehaut. Zudem konnte ich Einsicht nehmen in das Original-Gerichtsurteil – das sind 162 Seiten Prozessakten. Das war eine einmalige Erfahrung.

Nina Gummich als Kommissarin Rita Berg in der ARD-Miniserie „Mord auf dem Inka-Pfad“
© ARD Degeto Film/BR/Westside Filmproduktion GmbH/Joe Alblas

Was hat Sie daran so fasziniert?
Die Akten enthalten viel mehr Details, als wir im Film zeigen können, etwa Briefe, in denen sich der Mann von Ursula Glück abfällig über sie äußert. Es ist ein reiner Indizienfall. Es gab keine eindeutigen Beweise. Während der Dreharbeiten hatten wir immer wieder Momente, in denen wir dachten: Was ist, wenn er doch nicht der Täter ist? Aber nachdem ich das Gerichtsurteil gelesen hatte, waren alle Zweifel verflogen.

Hatten Sie von dem Mordfall Ursula Glück-Tesler gehört, bevor Sie sich für den Film damit beschäftigen mussten?
Ich weiß, dass der Fall hohe Wellen geschlagen hat, aber er ist tatsächlich an mir vorbeigegangen. Ich glaube, das liegt auch an meinem Alter. Ich bin Jahrgang 1991. Ich war damals noch zu jung. Insofern habe ich mich erst für die Serie intensiv mit dem Fall beschäftigt.

Das Genre True Crime ist seit einiger Zeit sehr populär. Warum interessieren sich so viele Menschen für wahre Verbrechen?
Ich glaube, dass es seit jeher eine Faszination für das Düstere und Dunkle gibt. Zu sehen, wozu Menschen in der Lage sind. Gerade dann, wenn nach außen alles perfekt und korrekt erscheint. Bei manchen ist es vielleicht auch der Wunsch, reale Verbrechen zu verfolgen und zu wissen, dass sie aufgeklärt werden. Dass ein Täter gefasst wird und seine Strafe erhält.

Können Sie die Faszination für True-Crime-Formate persönlich nachvollziehen?
Meine Oma war ein riesiger Fan von „Aktenzeichen XY … ungelöst“. Aber je öfter sie das geschaut hat, desto ängstlicher wurde sie. Ich habe eine Zeit lang den Podcast des Rechtsmediziners Dr. Michael Tsokos gehört. Den fand ich wahnsinnig spannend.

Hatten Sie Kontakt mit der Familie von Ursula Glück-Tesler?
Ihr Bruder und ihre Schwester waren während der Dreharbeiten am Set und standen Regisseurin Nina Wolfrum beratend zur Seite. Ihr Bruder hat sich sehr mit dem Fall auseinandergesetzt und scheint für sich einen Umgang mit den Ereignissen gefunden zu haben. Die Schwester von Ursula Glück hingegen nimmt das alles nach wie vor sehr mit. Sie weiß nicht, ob sie sich den Film überhaupt anschauen kann. Ich habe beide zum Ende der Dreharbeiten getroffen, und das hat mir noch einmal vor Augen geführt, dass das ein echtes Leben war, das gewaltsam beendet wurde.

Sie spielen die Ermittlerin Rita Berg. Als Vorbild diente die echte Kriminalhauptkommissarin Iris von Ohain, die damals in dem Fall ermittelt hat. Haben Sie sich zur Vorbereitung getroffen?
Nein, die damalige Kommissarin wollte sich nicht an dem Projekt beteiligen. Am Ende ist sie keine Person des öffentlichen Lebens, von der jeder ein Bild oder eine Meinung hat. Deshalb hatte ich bei der Entwicklung der Figur relativ freie Hand, es gab kurze Videoaufnahmen, an denen ich mich orientieren konnte. Ich habe mich aber mit einer anderen Kriminalhauptkommissarin getroffen, um etwa die Verhörszenen vorzubereiten.

Die Verhörszenen zwischen der Kommissarin und dem Täter nehmen einen wichtigen Raum in der Geschichte ein.
Sie sind das Herzstück des Films geworden. Wir hatten zunächst Sorge, dass die langen Dialoge vielleicht langweilig werden könnten, aber das Gegenteil ist der Fall. Der Täter Ilan Tesler, im Film heißt er Jona Kepler, ist eine narzisstische Persönlichkeit. Die Beziehung, die sich zwischen ihm und der Kommissarin im Verhörraum entwickelt, ist ausgesprochen spannend.

Die Serie spielt in Israel, Deutschland, USA und Peru. Die ganzen Auslands-Szenen wurden in Südafrika gedreht. Wie haben Sie das erlebt?
Südafrika ist als Drehort perfekt, weil es so vielfältig ist. Viele amerikanische Produktionen entstehen dort. Wir wussten anfangs nicht, was uns erwartet. Meine Maskenbildnerin hat extra ein bestimmtes Haarspray aus Deutschland mitgenommen. Vor Ort haben wir uns dann totgelacht, weil alles in einer viel besseren Ausstattung vorhanden war. Das ganze Team war wahnsinnig professionell, und vieles ging deutlich schneller als in Deutschland.

Sie sprechen im Film oft Spanisch. Konnten Sie die Sprache?
Nein, ich habe es extra gelernt, aber ich liebe es, mich auf neue Sachen einzulassen. Spanisch war allerdings eine große Herausforderung, weil es so schnell gesprochen wird und die Worte komplett ineinanderfließen. Ich habe versucht, mir das wie eine Fantasiesprache anzutrainieren. Jede Szene war deshalb mit Nervenkitzel verbunden, nicht zu wissen, welche Worte aus meinem Mund herauskommen. Auf jeden Fall habe ich kein Wort von dem verstanden, was ich auf Spanisch gesagt habe.

Die Handlung spielt Ende der Neunziger Jahre. Als die Ermittlerin, die Sie verkörpern, nach Peru reist, ist sie mit Stadtplänen unterwegs, um sich zu orientieren. Man sieht keine Handys, dafür aber alte Computer und Festnetztelefone im Kommissariat. Vermissen Sie diese Zeit?
Absolut. Ich habe einen Hang zur Nostalgie. Ich erinnere mich noch genau, wie ich neben meinem Vater im Auto auf dem Beifahrersitz saß, die Straßenkarte auf dem Schoß und ihm den Weg angesagt habe. Seit ich Mutter bin, hinterfrage ich noch viel mehr, was ich mache. Etwa, wenn morgens der erste Griff zum Handy geht. Ich möchte nicht, dass sich mein Kind das zum Vorbild nimmt. Manchmal denke ich, es wäre ganz schön, wenn alles plötzlich kaputt ginge und wir ohne den digitalen Einfluss von vorn anfangen könnten.

Gibt es etwas, das Sie während der Dreharbeiten oder bei Ihren Recherchen zu dem Fall überrascht hat?
Am Ende ist es eine Beziehungstat. Eine starke Frau trifft auf einen schwachen Mann. Ursula Glück war als Wissenschaftlerin erfolgreich und finanziell unabhängig. Privat träumte sie aber von einem Prinzen, der sie rettet. Das wird in ihren Tagebucheinträgen deutlich, die ich einsehen konnte. Mich verwundert schon, was sie alles mit sich machen ließ und warum sie nicht einfach gegangen ist. Andererseits erstaunt es mich auch nicht, weil ich es selbst zu oft in meinem Umfeld erlebt habe. Beruflich sehr erfolgreiche Frauen haben es oft schwer, einen Partner zu finden, der das aushält. So war das auch bei Ursula Glück und ihrem Mann. Um sich selbst groß zu fühlen, hat er sie klein gemacht. Und in aller Konsequenz dann sogar getötet.

„Mord auf dem Inka-Pfad“ läuft am 30. April 2025 und am 1. Mai 2025 um 20.15 Uhr in der ARD und jederzeit in der ARD-Mediathek

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