Wissenschaft im Museum: Insel des Wissens: Deutsches Museum wird 100

Der Bundespräsident kommt extra aus Berlin: Das Deutsche Museum auf der Isar-Insel als Deutschlands größtes und wichtigstes Wissenschaftsmuseum wird 100 Jahre alt. Es gibt auch ein Fest für alle.

Kurz vor dem 100. Geburtstag kam der 100-millionste Besucher: Das Deutsche Museum feiert mit Rekorden. Am 7. Mai 1925 hatte das Haus als eines der größten Wissenschafts- und Technikmuseen der Welt auf der Münchner Museumsinsel eröffnet. Mit allen Zweigstellen zusammen verfügt das Haus über 125.000 Objekte, vom 3,7 Milliarden Jahre alten Mondgestein als ältestem Ausstellungsstück bis zum fast 100 Tonnen schweren Militär-U-Boot U1.

Zur Jubiläumsfeier werden am Montag (5. Mai) Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter erwartet. Am Wochenende darauf (10./11. Mai) gibt es ein Jubiläumsprogramm mit freiem Eintritt für alle. „Wissen für alle war ja immer schon die Kernidee unseres Hauses“, sagt Wolfgang Heckl, Generaldirektor des Museums.

Sanierung dauert – neue Fete in drei Jahren

Allerdings wird rund die Hälfte der 45.000 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche auf der Museumsinsel derzeit saniert. Die vor zehn Jahren begonnenen Arbeiten hätten ursprünglich zum Jubiläum abgeschlossen sein sollen.

Doch es gab Verzögerungen und Kostensteigerungen, eine Architektenpleite und Landtagsdebatten. Aus zunächst geplanten 445 Millionen Euro wurden – so der zuletzt bekannte Stand – rund 750 Millionen Euro. An den Kostensteigerungen beteiligen sich Freistaat und Bund mit je 150 Millionen Euro.

Für die komplette Neueröffnung ist nun 2028 angepeilt, ebenfalls ein Jubiläumsjahr: Oskar von Miller hatte das Museum 1903 gegründet. Zum 125-jährige Gründungsjubiläum soll also noch einmal groß gefeiert werden.

Zwischen Fortschritt und Verlust: Bangen um den Bergbau 

Der erste neue Teil des Museums war 2022 neu eröffnet worden. Zu sehen sind 19 Dauerausstellungen zu Themen von Atomphysik über Foto und Film bis zu Gesundheit. Höhepunkte: die Luft- und Raumfahrthalle, ein Kernspaltungstisch – und der Brutschrank, in dem Robert Koch Bakterien züchtete und so den Tuberkulose-Erreger entdeckte. 

Derzeit wird der zweite Teil saniert. Das berühmte Bergwerk mit den lebensgroßen Figuren von Bergarbeitern und die beliebte Blitzeshow – beides Highlights für kleine Besucher – sind abgebaut. Die Hochspannungsschau kommt wieder. Beim Bergwerk ist noch ungewiss, ob und in welcher Form es je zurückkehren kann. Es würde jedenfalls noch einmal zusätzlich kosten.

Baumaterial als Teil der Schau 

Die ersten Ausstellungen waren ab 1906 im alten Nationalmuseum und in der früheren Schweren-Reiter-Kaserne untergebracht. Das neue Gebäude auf der Museumsinsel war eines der ersten großen Bauwerke aus Eisenbeton. Die damals fortschrittliche Konstruktionsweise wurde gewählt, um so das Gebäude selbst zu einem Teil der Ausstellung zu machen. Das Haus steht auf über 1500 Betonpfählen, die metertief in den Inselboden getrieben wurden, jeder von ihnen kann bis zu 40 Tonnen tragen.

Weltneuheit Planetarium 

Eine Weltneuheit war vor 100 Jahren das Projektionsplanetarium. Großen Eindruck machten auch das Bergwerk, die begehbaren Schiffsdecks und die Laboratorien in Originalgröße. Anders als in vorherigen Präsentationen konnten nun mehr Großexponate ausgestellt werden: das Unterseeboot U1, das bis heute ein Highlight ist, sowie eine Reihe von Schiffen, Lokomotiven und Flugzeugen. 

Letztes Fest und eine geschenkte Mark 

Zur Eröffnung bekamen laut Stadtchronik 47.000 bedürftige Münchnerinnen und Münchnern eine einmalige Zulage von einer Mark. Davon konnte man zu jener Zeit eine Maß Bier auf dem Oktoberfest kaufen – oder zweimal ins Deutsche Museum gehen: Der Eintritt kostete 50 Pfennig für Erwachsene.

Die dreitägige Feier zur Eröffnung des Gebäudes auf der Münchner Museumsinsel 1925 war Historikern zufolge das letzte große Fest in der Weimarer Republik, zumindest in München. 

Vergessene Geschichte: Ein Mitgründer im Nazi-Schatten

Als aus der Republik eine Diktatur wurde, vereinnahmten die Nazis mehr und mehr das Museum. Adolf Hitlers Autoleidenschaft manifestierte sich in einem Anbau für Kraftfahrzeuge auf der Museumsinsel. In der Bibliothek wurde die Propaganda-Schau „Der ewige Jude“ gezeigt. 

Erst kürzlich rückten Forscher neben dem Museumsgründer Oskar von Miller einen wichtigen Mitgründer in den Fokus. Der jüdische Ingenieur Arthur Schönberg – Cousin des Komponisten Arnold Schönberg – war wissenschaftlicher Sammlungsleiter. Er wurde trotz seiner Verdienste von den Nationalsozialisten deportiert und starb 1943 im Ghetto Theresienstadt, wie der langjährige Archivleiter Wilhelm Füßl herausfand.

Das Museum wächst weiter

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Museum bei Bombenangriffen schwer beschädigt. 1947 öffnete wieder eine Ausstellung auf der Museumsinsel und erst in den 1960er-Jahren erreichte die Ausstellungsfläche wieder das Vorkriegsniveau. In den 1970er-Jahren überstieg die Besucherzahl erstmals die Millionengrenze. 

Das Museum wurde permanent erweitert: 1984 mit der großen Luft- und Raumfahrthalle, 1992 mit der Flugwerft Schleißheim, 1995 mit dem Deutschen Museum Bonn, 2003 mit dem Verkehrszentrum und 2021 mit dem Deutschen Museum Nürnberg. Vollendet sei das Haus noch lange nicht, heißt es seitens des Museums. Oder, wie Generaldirektor Heckl es ausdrückt: „So ein Museum ist nie fertig.“

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