
Nach Verfassungsschutz-Bewertung: Länder wollen AfD-Staatsbedienstete prüfen
Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch hat eine Debatte über den Umgang mit Parteimitgliedern angestoßen, die im Staatsdienst beschäftigt sind. Als erste Bundesländer wollen Hessen und Bayern Überprüfungen einleiten: Es soll um die Frage gehen, ob eine AfD-Mitgliedschaft nun überhaupt mit einer Tätigkeit als Beamtin oder Beamter vereinbar ist. Die Einstufung durch den Verfassungsschutz gab auch der Debatte um ein mögliches AfD-Verbotsverfahren neuen Auftrieb. Kritik am Umgang mit der AfD kam aus dem Ausland.
Dem Beamtenrecht zufolge müssen Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen: Ihnen wird eine so genannte Verfassungstreuepflicht abverlangt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Freitag nach jahrelanger Prüfung die gesamte Bundes-AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Dies stärkt Zweifel an der Verfassungstreue der AfD erheblich.
Es werde nun geprüft, inwieweit diese Einstufung „Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat“, sagte Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) der „Bild“. „Unsere Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) äußerte sich ähnlich. „Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss“, sagte er der „Bild“.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) warnte hingegen vor „Schnellschüssen“ im Umgang mit AfD-Mitgliedern im Staatsdienst. Hier sei stets eine Einzelfallprüfung nötig, sagte er dem WDR. „Wenn man jemanden aus dem Staatsdienst entfernen will, muss man nachweisen, dass genau diese Person ihre Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt hat“, sagte Reul. Er zweifle daran, ob die Mitgliedschaft in einer Organisation als Grund ausreiche.
Politiker der künftigen Koalitionsparteien Union und SPD forderten eine deutlich härtere Gangart gegenüber der AfD. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter sagte dem „Handelsblatt“ er halte eine AfD-Mitgliedschaft nicht mit einer Tätigkeit im Staatsdienst für vereinbar. „Im Einzelfall müsste deshalb eine Entlassung aus dem Dienst erfolgen“, sagte er.
Der SPD-Innenexperte Johannes Fechner sagte der „Süddeutschen Zeitung“, er halte es für ausgeschlossen, dass „Mitglieder einer rechtsextremistischen Partei“ im Bundestag Posten bekommen. Hintergrund ist der von der AfD-Fraktion formulierte Anspruch, Vorsitzposten in Bundestagsausschüssen zu übernehmen. „Die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung wird keine Fördermittel erhalten können“, sagte Fechner. „Waffenbehörden haben es jetzt einfacher, AfD-Mitgliedern Waffen zu entziehen oder Waffenscheine zu verweigern.“
Der CDU-Abgeordnete Kiesewetter plädierte in der „Süddeutschen“ dafür, ein Verbotsverfahren durch den Bundestag ausloten zu lassen. Die Einstufung der gesamten AfD als gesichert rechtsextremistisch mache dies „dringlicher und erfolgsversprechender“.
Die Grünen boten der Union Gespräche über ein mögliches Verbot der AfD an. „Ich war lange skeptisch, ob ein Verbotsverfahren der richtige Weg ist“, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak der „SZ“. „Aber wer es mit der Wehrhaftigkeit unserer Demokratie ernst meint, darf davor nicht länger zurückschrecken.“
Die Einstufung der gesamten AfD als gesichert rechtsextremistisch soll auch Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz sein, wie von dem derzeitigen Vorsitzenden, dem Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), bekanntgegeben wurde. Die Ministerrunde trifft sich im Juni in Bremerhaven.
Die AfD legte unterdessen mit ihrer harschen Kritik an der Einschätzung des Verfassungsschutzes nach und bemängelte vor allem, dass ihr das dazugehörige 1100 Seiten starke Gutachten nicht bekannt und nicht öffentlich zugänglich sei. Es sei „demokratiezersetzend“, dass diese Behauptung aufgestellt worden sei, „ohne Beweise und Belege vorzulegen“, sagte Ko-Chef Tino Chrupalla dem Sender Welt TV.
Rückendeckung erhielt die AfD aus den USA: Außenminister Marco Rubio schrieb auf X, Deutschland habe seinem Geheimdienst „gerade neue Befugnisse zur Überwachung der Opposition erteilt“. Das sei keine Demokratie – „das ist verkappte Tyrannei“, fuhr er fort. Der wahre Extremismus liege nicht bei der „beliebten AfD“, „sondern in der tödlichen Einwanderungspolitik“ Deutschlands.
Das Auswärtige Amt hielt auf X dagegen: „Das ist Demokratie.“ Das letzte Wort hätten unabhängige Gerichte.
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban sicherte der AfD seine Unterstützung zu. „Was zum Teufel ist in Deutschland los?“, schrieb Orban am Samstagabend im Onlinedienst X. „Sie können sich auf uns verlassen“, fügte er an AfD-Chefin Alice Weidel gerichtet hinzu. Orban sucht spätestens seit seinem Bruch mit der konservativen Europäischen Volkspartei von CDU und CSU aktiv die Nähe zur AfD.