Geflüchtete: Wie klappt es mit der Einführung der Bezahlkarte in Hessen?

  • April 28, 2025

Als einer der Ersten hat der Landkreis Fulda die Karten ausgegeben. „Reibungslos“, heißt es aus der Kreisverwaltung. Stimmen aus anderen Kommunen klingen nicht so positiv.

Die hessenweite Ausgabe der Bezahlkarte für Geflüchtete läuft nur schleppend an. Bis Mitte April sei die Karte in neun Kommunen im Einsatz gewesen, teilte ein Sprecher des Sozialministeriums in Wiesbaden auf dpa-Anfrage mit. Außerdem werde sie an allen Standorten der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes verteilt. Eine Ausnahme bilde der Standort Alsfeld, da dort ausschließlich Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht sind. Insgesamt wurden in Hessen bis zum 17. April rund 3.300 Karten ausgegeben.

Ein Teil der staatlichen Leistungen für Asylbewerber in Deutschland wird künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte bereitgestellt und nicht mehr als Bargeld ausgezahlt. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen. Für die Unterbringung von Geflüchteten sind die 21 Landkreise und die 5 kreisfreien Städte zuständig. Zudem hat die Stadt Marburg – obwohl sie Teil eines Kreises ist – eine eigene Leistungsbehörde.

Software-Systeme inkompatibel

Frankfurt hat die Bezahlkarte nicht, wie ursprünglich hessenweit geplant, am 1. April eingeführt. Der Grund sind technische Probleme, wie ein Sprecher des Sozialdezernats erklärt. Die Schnittstelle zwischen dem Kartendienstleister und der Stadt funktioniere nicht. „Vereinfacht gesprochen: Die beiden Software-Systeme sind noch nicht kompatibel.“

Das Land kennt das Problem. Ende März erklärte Sozialministerin Heike Hofmann (SPD), dass die Softwarehersteller für die Bereitstellung der technischen Infrastruktur mehr Zeit brauchen als geplant. „Nach aktuellem Stand rechnen wir damit, dass die Verfahrensanbindungen im Laufe des zweiten Quartals dieses Jahres umgesetzt werden können.“ Betroffene Kommunen könnten „formlos und unbürokratisch eine Fristverlängerung beantragen“. 

Kritische Stimmen aus den Großstädten

Frankfurts Sozialdezernentin Elke Voitl (Grüne) steht der Bezahlkarte ohnehin kritisch gegenüber. Vor allem hält sie den monatlichen Bargeldanteil von 50 Euro für zu niedrig. „Damit kommt man in einer Stadt wie Frankfurt nicht weit“, sagt Voitl und schlägt eine Anhebung auf 150 Euro vor.

Auch in Darmstadt läuft nach Angaben von Bürgermeisterin Barbara Akdeniz (Grüne) längst nicht alles rund. „Aktuell hakt es an verschiedenen Punkten mit der Einführung, zuallererst an technischen Voraussetzungen.“ Bisher seien die Sozialleistungen für Asylsuchende monatlich auf ein Girokonto überwiesen worden, künftig müsse der Betrag für jeden Erwachsenen auf eine eigene Karte gebucht werden, was zu einem deutlichen personellen Mehraufwand führen werden. Zudem müsse der Barbetrag für jede Person individuell angepasst werden. „Das ist ein Prozess, der vor Ort im Amt stattfinden muss.“

Grünen-Politikerin fordert Anhebung des Barbetrages

Aus ihrer Sicht wäre das aufgewendete Geld besser in Integrationsprojekte investiert worden, sagte Akdeniz. „Von daher plädiere ich ausdrücklich für die Erhöhung des Barabhebungsbetrages auf mindestens 150 Euro pro Person, um hier den bürokratischen Aufwand zu reduzieren und gleichzeitig die selbstbestimmte Teilhabe der geflüchteten Menschen zu erhöhen.“ 

Nach den Worten von Wiesbadens Sozialdezernentin Patricia Becher (SPD) befindet sich auch die Landeshauptstadt noch im Prozess zur Einführung der Bezahlkarte. Derzeit stehe die vom Land Hessen in Aussicht gestellte Anbindung an das entsprechende IT-Fachverfahren noch aus, teilte sie mit. In Kassel wird die Karte bislang ebenfalls noch nicht ausgegeben. Es fehle eine funktionierende technische Schnittstelle, teilte ein Sprecher der Stadt mit. 

„Reibungslose“ Einführung im Kreis Fulda

Als einer der Ersten hat der Landkreis Fulda die Ausgabe der Bezahlkarte bereits weitgehend abgeschlossen, wie die Pressestelle des Kreises mitteilte. Insgesamt seien bis Ende März 500 Karten ausgegeben worden, sowohl an Neuankömmlinge als auch an Menschen, die bereits dort leben. „Die Einführung der Bezahlkarte hat reibungslos und zügig funktioniert“, hieß es aus dem Kreis Fulda. 

Die Verwaltung werde langfristig entlastet, da die Auszahlung von Bargeld durch die Kreiskasse entfällt. „Bei illegaler Abwesenheit oder bei Abschiebungen ist zudem eine Sperrung der Leistungen und die Rückbuchung von Restguthaben sofort möglich.“ Der Bargeldbetrag von 50 Euro ist aus Sicht des Landkreises angemessen.

Städtetag plädiert für Kostenübernahme von Bund und Land

Software-Probleme sowie fehlende Personalfinanzierung durch Bund und Land seien vom hessischen Städtetag im Herbst 2023 vorausgesehen worden, teilte ein Sprecher des Verbandes mit. „Nach wie vor verfolgen wir unsere Forderung: Bund und Land müssen sämtliche Kosten der Einführung und des Betriebs investiv wie Betriebskosten ausnahmslos tragen.“ 

Der hessische Landkreistag befürwortet die Bezahlkarte. Vom Grundsatz her werde die politische Einschätzung der Ministerpräsidenten mitgetragen, die zur Einführung der Karte geführt hätte, sagte ein Sprecher. Dies gelte auch für den vorgesehenen Bargeldbetrag von 50 Euro, von dem ja in begründeten Einzelfällen abgewichen werden könne. Mittelfristig werde mit der Bezahlkarte in den Kreisverwaltungen eine Entlastung erwartet.

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