
Die US-Filmindustrie schwächelt. Donald Trump will sie retten. Doch seine Zölle auf ausländische Filme sind keine Lösung, sondern ein zusätzliches Problem für Hollywood.
In der US-Verfilmung des skandinavischen Mythos Thor schwingt sich der Protagonist mit seinem Hammer zum Superhelden auf. Der Film steht zwar nicht auf der Liste von Donald Trumps Favoriten, aber gewisse Parallelen zwischen dem US-Präsidenten und der fiktiven Figur lassen sich nicht leugnen. Zum Beispiel ihre Macht, Arroganz und der Hammer. Doch während Thor zum Superhelden wird, ist Trump von diesem Ethos noch weit entfernt.
So sieht es wohl auch die amerikanische Filmbranche. Zu ihrem vermeintlichen Schutz kündigte Donald Trump kürzlich an, ausländische Filmproduktionen mit 100 Prozent zu bezollen, denn die heimische Filmindustrie wähnt der US-Präsident im Sterben. Um das zu verhindern, soll die Konkurrenz im Ausland zahlen. Doch Trumps Zollhammer erweist sich schon jetzt als Bumerang.
Das Hollywood Dilemma
Die Skepsis in Hollywood und Co. ist jedenfalls groß. Originalkulisse schlägt Green Screen, das gilt auch heute noch, obwohl Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz vieles möglich machen, was vor einigen Jahren noch undenkbar war. Aus kreativen Gründen drehen Produzenten immer noch im Ausland vor Ort – in Kanada, Großbritannien, Ungarn, Australien oder in Deutschland.
Streifen wie „Planet der Affen: A New Kingdom“, „The Fall Guy“ und „Furiosa: A Mad Max Saga“ entstanden in Australien, die „Mission Impossible“-Klassiker in Europa. Für die Filmbiografie „Elvis“ wurde die australische Gold Coast zu Memphis in Tennessee. Und gerade starteten die Dreharbeiten für den nächsten „Avengers“-Film von Disneys Marvel Studios in London. „Wenn der Stunt darin besteht, dass Tom Cruise auf den Eiffelturm klettert, was sollen wir dann machen – auf der Nachbildung des Eiffelturms in Las Vegas drehen?“, meint der Unterhaltungsanwalt Jonathan Handel. Die sei „einfach unsinnig“.
Ähnlich sieht es auch bei TV-Serien aus. Beim US-amerikanischen Streamingdienst Netflix gehören Auslandsproduktionen zum Markenkern.
Trumps Filmzölle ergeben für die Branche gar keinen Sinn.
Arbeitslos in Hollywood
Richtig ist aber: Der US-Filmbranche geht es schlecht. Die Rezession hat dem Geschäft geschadet, ebenso der viermonatige Streik 2024, bei dem die Schauspieler bessere Arbeitsbedingungen einforderten. Gewerkschaften zufolge fielen allein im vergangenen Jahr fast 20.000 Jobs weg. Donald Trump macht dafür das Ausland verantwortlich – und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, den der US-Präsident bei jeder Gelegenheit niedermacht.
Auch wenn Trumps Anschuldigungen sehr rigoros daherkommen, ganz daneben liegt er nicht. Unter Angestellten in Hollywood geht schon länger die Angst vor Jobverlusten um, weil Studios immer häufiger woanders drehen und produzieren. Im Filmbusiness sprechen sie von „Ausreißer-Produktionen“.
Der Grund ist nicht nur die Sehnsucht nach Originalkulissen, sondern der Preis. Ein Drehtag in Los Angeles kann mehrere hunderttausend Dollar kosten. „Tatsache ist, dass es für Hollywood-Studios billiger ist, für alle in Flugzeuge zu steigen und für Hotels zu bezahlen, weil die Arbeitskosten, das Fehlen von Rabatten und die Möglichkeit, Dinge in Übersee herzustellen, unendlich billiger sind“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der United Talent Agency, Jay Sures, im Sender CNN. In Osteuropa beispielsweise lassen sich die Kosten durch die niedrigeren Löhne deutlich drücken. Dadurch sparen die Produzenten Geld.
Trumps Zölle würden aber US-Produktionen im Ausland empfindlich treffen und „das Filmgeschäft zum Erliegen bringen – was das Letzte ist, was Hollywood nach zwei Streiks und einer inhaltlichen Rezession braucht“, sagt Sures.
Wie realistisch sind Trumps Filmzölle wirklich?
Trumps Zollankündigungen hinterlassen eine zutiefst verunsicherte und ratlose Filmbranche. Allerdings gibt es auch Zweifel daran, ob er damit wirklich durchkommt. Filme gelten als geistiges Eigentum und werden daher nicht als Ware, sondern als Dienstleistung eingestuft, auf die wiederum keine Zölle erhoben werden. Die US-Regierung müsste Filme anders bewerten, um sie als Importware zu deklarieren. Handelsminister Howard Lutnick erklärte bereits, an dem Thema dran zu sein.
Der US-Präsident kündigte derweil Gespräche mit führenden Vertretern der Filmbranche an. Vielleicht können sie Trump überzeugen, dass die Zölle mehr schaden als nutzen. Sollte Trump weiter auf seinen Plänen beharren, muss er sich immerhin mit Fragen auseinandersetzen, wie er die eigene Filmwirtschaft verschonen will. Sollen etwa von US-Studios produzierte historische Dramen über den Zweiten Weltkrieg mit Originaldrehorten besteuert werden? Welche Regelungen gelten für Filme, die nur teilweise im Ausland entstanden sind?
Oscar-Preisträger Jon Voight, den Trump zusammen mit Sylvester Stallone und Mel Gibson als Hollywood-„Botschafter“ benannt hatte, legte zuletzt einen „umfassenden Plan“ mit Veränderungen in Hollywood vor. Dabei handelt es sich um Vorschläge für Steuerbegünstigungen, Subventionen für Kinobesitzer und Produktionsfirmen sowie Abkommen für Koproduktionen mit dem Ausland. Zölle sollten „unter bestimmten eingeschränkten Umständen“ eingesetzt werden.
Voight ist optimistisch, dass Trump die Branche retten kann: „Der Präsident liebt das Entertainment-Business und dieses Land und er wird uns dabei helfen, Hollywood wieder großartig zu machen“, sagte er.
Mit dem richtigen Plan könnte Donald Trump also doch noch zum Superhelden werden – zumindest für Hollywood.