
Um Entscheidungen in einem Gremium des Europarats zu beeinflussen, soll Aserbaidschan Parlamentarier bestochen haben. Ein CSU-Mann räumt die Weiterleitung von Geld ein – sieht darin aber kein Problem.
Im Korruptionsprozess rund um die Aserbaidschan-Affäre hat der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner die Weiterleitung von aserbaidschanischen Geldzahlungen an eine CDU-Abgeordnete eingeräumt. Er verteidigte dies vor dem Münchner Oberlandesgericht (OLG) allerdings als aus seiner Sicht normalen Lobbyismus: „Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist“, sagte er.
Aserbaidschan soll sich laut Anklage jahrelang – und das erfolgreich – darum bemüht haben, Entscheidungen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) mit Hilfe von Geldzahlungen zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Und teils mit Hilfe Lintners, der 33 Jahre lang im Bundestag saß, zeitweise Parlamentarischer Staatssekretär und bis 2010 PACE-Mitglied war.
Der heute 80-Jährige soll laut Generalstaatsanwaltschaft München über zwei Gesellschaften bis 2016 einen „mehrfachen Millionenbetrag“ über ausländische Briefkastenfirmen erhalten haben. Das Geld soll er unter anderem an die inzwischen verstorbene CDU-Bundestagsabgeordnete weitergeleitet haben, die dafür Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans beeinflussen sollte, nachdem Lintner selbst nicht mehr Mitglied des Europarats war. Die Anklage gegen ihn lautet deshalb insbesondere auf Bestechung von Mandatsträgern.
„Aserbaidschan wollte Zahlungen über uns machen“
Lintner bestätigte, dass Aserbaidschan Geld an die Abgeordnete gezahlt habe – und räumte ein, dass diese Zahlung „über uns“, also über seine Firma, geleistet worden sei. Eine entsprechende Absprache habe es „sicher“ gegeben, sagte Lintner auf Nachfrage – an Details konnte er sich dabei aber nicht erinnern. Man habe es aber so gemacht, wie die aserbaidschanische Seite das habe gestalten wollen, „und die wollten das über uns machen“, sagte der Ex-CSU-Politiker.
Lintner argumentierte, er selbst habe die Zahlungen nie verheimlicht, sondern immer steuerlich korrekt angegeben. Und er sei auch davon ausgegangen, dass die CDU-Abgeordnete die Zahlungen an den Bundestag melde. Der Vorsitzende Richter hielt dem aber entgegen, es sei zu keinem Zeitpunkt angegeben worden, dass Geld aus Aserbaidschan gekommen sei. Es wird davon ausgegangen, dass das Land dessen Herkunft verschleiern wollte.
Lintner hatte die Vorwürfe in der Anklageschrift schon in der vergangenen Woche als zutreffend bezeichnet. Auf dpa-Nachfrage sagte er später, er habe zwar gesagt, dass der Sachverhalt zutreffe. Ein Geständnis sei das aber nicht, argumentierte er: „Denn das ist aus meiner Sicht keine Bestechung.“ Dazu sagte der Vorsitzende Richter nun: Wenn man den Anklagevorwurf einräume, dann werde dies als geständige Einlassung gewertet und sei strafmildernd zu berücksichtigen. „Wie wir das rechtlich werten, das ist dann unser Bier.“
Verfahren gegen weiteren Ex-Abgeordneten abgetrennt
Das Verfahren geht damit auf die Zielgerade: Nach einigen wenigen weiteren Prozesstagen peilt das Gericht Plädoyers und Urteil nunmehr für Ende Juli an.
Neben Lintner waren in dem Prozess zunächst auch der Ex-CDU-Abgeordnete Axel Fischer aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land und zwei weitere Beschuldigte angeklagt worden. Fischer, dem Bestechlichkeit vorgeworfen wird, hat die Anklagevorwürfe bestritten – wie Lintner bis zuletzt auch. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.
Nach einer Erkrankung Fischers und einer längeren Unterbrechung wurde das Verfahren gegen ihn inzwischen abgetrennt – und dieses Verfahren sei ausgesetzt worden und müsse dann später neu starten, sagte ein Gerichtssprecher. Das Verfahren gegen die zwei weiteren Mitbeschuldigten wurde demnach gegen die Zahlung einer Geldauflage vorläufig eingestellt.