Landtag: Fußfessel, Taser, KI – Kritik an Plänen für Polizei-Gesetz

  • Juni 2, 2025

Innenminister Georg Maier will das Polizeiaufgabengesetz reformieren. Doch in der Opposition und auch bei einem Koalitionspartner stößt er mit seinen Plänen teils auf Skepsis.

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) will der Polizei mehr Befugnisse geben und damit auch den Opferschutz verbessern. Doch die Pläne stoßen auf Kritik. Sollen künftig Polizisten statt Richter darüber entscheiden, ob jemand eine Fußfessel bekommt? Reicht schon der Verdacht, dass jemand eine Straftat begehen könnte? Und welche Daten soll die Polizei mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) auswerten können und welche nicht? Ein erster Referentenentwurf für das neue Polizeiaufgabengesetz passierte bereits das Kabinett. Der Landtag müsste das Gesetz noch verabschieden, bis dahin sind noch Änderungen möglich. Von der Opposition, auf deren Stimmverhalten die Brombeerkoalition angewiesen ist, gibt es Widerspruch.

Warum will die Landesregierung das Polizeiaufgabengesetz ändern?

Innenminister Maier will das Gesetz modernisieren. Der Einsatz künstlicher Intelligenz etwa soll Ermittlern bei der Verbrecherjagd helfen. Außerdem setzt die Brombeer-Landesregierung aus CDU, SPD und BSW damit Versprechen aus ihrem Koalitionsvertrag um – etwa durch die Einführung der elektronischen Fußfessel. Potenzielle Opfer häuslicher Gewalt sollen so besser geschützt, Straftaten im Idealfall verhindert werden. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jonas Urbach, begrüßte die Pläne. „Der Opferschutz ist für uns an erster Stelle“, sagt er. 

Was soll sich ändern?

Ein erster Entwurf sieht vor, dass zum Beispiel im Bereich der häuslichen Gewalt mit Hilfe von elektronischen Fußfesseln Opfer besser geschützt werden sollen. Dabei soll die Polizei entscheiden dürfen, ob jemand eine solche Fußfessel tragen muss. Das soll auch möglich sein, wenn nur der Verdacht besteht, dass die Person eine bestimmte Straftat begehen könnte. Zudem gibt der Entwurf der Polizei Raum für den Einsatz von KI bei Ermittlungen. Die Beamten sollen ein neues Gerät für Einsätze bekommen: Mit Hilfe eines Tasers sollen Polizistinnen und Polizisten Verdächtige in brenzligen Situationen vorübergehend außer Gefecht setzen können. Doch auch das ist umstritten. 

Der Opposition geht der Entwurf beim Thema elektronische Fußfessel zu weit. Warum?

„Wir sehen in diesem Entwurf an vielen Stellen Grundrechtseingriffe, die wir überhaupt nicht mitgehen können“, sagt der Linke-Innenpolitiker Ronald Hande. Als Beispiel nennt er den Einsatz der elektronischen Fußfessel für potenzielle Gefährder „ohne jeden richterlichen Beschluss“. Er verstehe zwar die Intention, potenzielle Opfer besser schützen zu wollen, doch die vorgesehenen Regelungen gingen zu weit. „Ohne richterliche Entscheidung, einfach als Verdachtsmoment, das ist für uns eine Grundrechtseinschränkung“, erläutert Hande. Urbach von der CDU hält die Regelungen hingegen für ein probates Mittel, um beispielsweise Frauen besser vor häuslicher Gewalt zu schützen. 

Auch die größte Oppositionsfraktion im Thüringer Landtag, die AfD, sieht die Pläne kritisch. Nach dem, was bekanntgeworden sei, könne man den Änderungen größtenteils nicht zustimmen, sagt AfD-Innenpolitiker Ringo Mühlmann.

Was hält die Opposition von Tasern? 

„Wir halten diese Geräte für wirklich sehr gefährlich“, sagt Linke-Innenpolitiker Hande. Es gebe gerade in den USA, wo Taser schon länger im Einsatz seien, Betroffene, die Schäden davon getragen hätten – bis hin zum Tod. „Mit einer Pistole kann ich notfalls auch ins Bein schießen“, argumentiert er. Beim Einsatz eines Tasers wisse der Polizist in der Regel nicht, ob mögliche Vorerkrankungen beim Betroffenen zu größeren gesundheitlichen Schäden führen könnten. „Das Risiko ist uns zu hoch.“ Die Linke-Fraktion befürchtet auch, dass Polizisten leichtfertiger zum Taser greifen könnten. „Das Hemmnis, eine Schusswaffe einzusetzen, ist berechtigterweise sehr hoch“, sagte Hande. AfD-Politiker Mühlmann hält viel von einer Einführung von Tasern. Die Polizei brauche ein nicht-tödliches Mittel, um in bestimmten Situationen Menschen stoppen zu können. Dafür sei der Taser seiner Ansicht nach geeignet.

Wie umstritten ist der Einsatz Künstlicher Intelligenz für Ermittlungen?

Sehr umstritten. Die Grünen-Politikerin Madeleine Henfling warnt etwa vor dem im Entwurf vorgesehenen möglichen Abgleich biometrischer Daten – zum Beispiel von Gesichtern und Stimmen – mit Daten im Internet mittels automatisierter Anwendungen. „Wer sichert eigentlich ab, dass die Daten, die ich im Internet gefunden habe, tatsächlich echt sind, nicht gefälscht sind?“, fragt sie. Sollte der Entwurf so verabschiedet werden, handele es sich um ein weitreichendes Instrument, „weil wir in der heutigen Zeit ja gar nicht mehr steuern können, ob Sachen von uns im Netz sind“. Sie nennt ein Beispiel: „Du bist im Urlaub und irgendjemand macht ein Foto, auf dem du zufällig drauf bist und auf einmal kann das abgeglichen werden und eine automatisierte KI findet dein Bild im Netz. Das finde ich einen krassen Eingriff in Persönlichkeitsrechte.“ Die Grünen sind nicht mehr im Parlament vertreten.

Mühlmann befürchtet einen politischen Missbrauch, wenn ein automatisierter Datenabgleich ermöglicht wird. 

Wie viele Chancen hat der Entwurf, beschlossen zu werden?

CDU, BSW und SPD stellen in Thüringen die Regierung, haben im Parlament aber keine eigene Mehrheit. Es besteht zur Opposition ein Patt. Wenn die Koalition also nicht wenigstens eine Stimme aus der Opposition erhält, kann sie das Gesetz nicht verabschieden. Die Linke- und die AfD-Fraktion haben bereits signalisiert, dass sie dem Entwurf in seiner jetzigen Form nicht zustimmen wollen. Obwohl das BSW Teil der Koalition ist, sieht die BSW-Fraktion im Landtag noch Verbesserungsbedarf und fordert „eine sorgfältige Abwägung zwischen den staatlichen Befugnissen und den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger“.

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