Migration: Bundesregierung will freie Hand bei Einstufung sicherer Herkunftsländer

  • Juni 4, 2025

Die Bundesregierung will sich freie Hand bei der Einstufung von Ländern als sichere Herkunftsstaaten verschaffen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine entsprechende Formulierungshilfe für die Koalitionsfraktionen im Bundestag, wonach eine solche Einstufung durch eine einfache Rechtsverordnung erfolgen kann – der Bundesrat soll dann nicht mehr zustimmen müssen. Ziel der Maßnahme ist es, Migranten aus den entsprechenden Ländern schneller zurückschicken zu können.

Die Asyl-Verfahren von Staatsangehörigen aus sicheren Herkunftsländern werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) schneller bearbeitet und entschieden – meist mit dem Ergebnis einer Ablehnung. Im Bundesrat hatte es in der Vergangenheit gegen solche Einstufungen oft Widerstand vor allem von Bundesländern mit Grünen-Regierungsbeteiligung gegeben. Diese Hürde will die Bundesregierung nun umgehen. 

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte am Mittwoch, der Schritt sei Teil eines ganzen Pakets „nationaler Maßnahmen (…), um die Asylwende durchzuführen“. In der vergangenen Woche hatte das Kabinett bereits die befristete Aussetzung des Familiennachzugs für Geflüchtete ohne Asylstatus sowie die Beendigung der sogenannten Turbo-Einbürgerung beschlossen. Dobrindt ordnete vor rund einem Monat zudem verschärfte Grenzkontrollen an.

Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte, dass mit der am Mittwoch beschlossenen Maßnahme eine „effektive Besteuerung und Begrenzung der Migration“ erreicht werden solle. 

Sichere Herkunftsstaaten sind Staaten, bei denen wegen der allgemeinen politischen Verhältnisse keine politische Verfolgung oder unmenschliche Bestrafung oder Behandlung angenommen wird. Zurzeit sind das die EU-Mitgliedstaaten sowie Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Moldau, Serbien, Ghana und Senegal. Menschen aus diesen Ländern haben in der Regel keine Aussicht auf Asyl.

Dobrindt stellte in Aussicht, dass die Bundesregierung einige der Maghreb-Staaten in Nordafrika sowie Indien als weitere sichere Herkunftsländer einstufen würde. Das werde aber erst entschieden, wenn die Regierung grundsätzlich die Möglichkeit per Rechtsverordnung habe. Darüber müsse der Bundestag entscheiden, eine Zustimmung des Bundesrats sei nicht nötig.

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung als richtig. Das „Scheitern an den Grünen“ im Bundesrat habe er bisher „bedauert“, sagte er.

Die Grünen-Politikerin Filiz Polat warf der Bundesregierung hingegen vor, „an den Grundpfeilern unseres Rechtsstaatsprinzips“ zu rütteln. „Die Einstufung sicherer Herkunftsstaaten ist kein Verwaltungsakt, sondern ein tiefgreifender Eingriff in individuelle Schutzrechte mit gravierenden Folgen für Geflüchtete“, erklärte sie. Die Mitwirkung der Verfassungsorgane sei „kein lästiges Verfahren, sondern ein verfassungsrechtliches Gebot“.

Die Geflüchtetenorganisation Pro Asyl wertete das Vorhaben der Bundesregierung als „verfassungsrechtlich höchst problematisch“. „Schlag auf Schlag will die neue Bundesregierung die Rechte von Geflüchteten weiter abbauen“, erklärte Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl. „Die Bestimmung von angeblich sicheren Herkunfts- und Drittstaaten erschwert es gefährdeten Menschen, den ihnen eigentlich zustehenden Schutz zu bekommen.“

Das Kabinett beschloss am Mittwoch zudem, dass Menschen in Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam künftig keinen Rechtsbeistand mehr vom Staat gestellt bekommen sollen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte, dass Betroffene weiterhin anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen könnten. Sie müssen sich aber demnach selbst darum kümmern – lediglich die Verpflichtung für den Staat, einen Rechtsbeistand beizustellen, soll entfallen. Diese Regelung hatte die Vorgängerregierung eingeführt – Union und SPD einigten sich im Koalitionsvertrag darauf, sie wieder abzuschaffen.

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