Bundesregierung bekräftigt Notwendigkeit drastischer Aufstockung der Bundeswehr

  • Juni 6, 2025

Die Bundesregierung hat die Notwendigkeit einer massiven, auch personellen Verstärkung der Bundeswehr bekräftigt. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sprach am Freitag in Berlin von einer für den Konfliktfall erforderlichen Gesamtstärke von 460.000 Soldatinnen und Soldaten, wobei allerdings Reservekräfte mit einbezogen seien. Am Donnerstag hatte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) von 50.000 bis 60.000 zusätzlich erforderlichen aktiven Soldaten gesprochen.

Hintergrund sind laut Verteidigungsministerium die von den Nato-Verteidigungsministern in Brüssel beschlossenen neuen Fähigkeitsziele der Nato. Hier habe Deutschland die Verantwortung für „das zweitgrößte Fähigkeitspaket“ übernommen. Die Anforderungen daraus seien nun abzudecken, was „erhebliche Anstrengungen erfordern“ werde.

Die Umsetzung werde sich bis in die 2030er Jahre erstrecken, räumte der Ministeriumssprecher allerdings ein. Wichtig sei jedoch, es in den nächsten vier Jahren im Nato-Rahmen zu schaffen, ein hinreichendes Maß an Abschreckung und Verteidigung sicherzustellen.

In Analysen wird davon ausgegangen, dass Russland 2029 zu einem Angriff auf Nato-Territorium in der Lage sein könnte. „Wir sollten von da an die Streitkräfte im Bündnis so befähigen, dass keiner auf den Gedanken kommt, uns anzugreifen“, sagte dazu der Sprecher des Verteidigungsressorts.

Derzeit umfasst die Bundeswehr rund 182.000 Soldatinnen und Soldaten. Angestrebt wurde bisher eine Stärke von 203.000, die zusätzliche Personalgewinnung stockt jedoch. „Die Zahl 203.000 können wir nach der Festlegung der Fähigkeitsziele vergessen“, sagte nun der Ministeriumssprecher, ohne sich auf eine neue Sollstärke für die aktive Truppe festzulegen.

Auch zur Wahrscheinlichkeit einer neuen Wehrpflicht wollte sich der Sprecher nicht äußern. Er verwies auf die Festlegung im Koalitionsvertrag, wonach zunächst auf Freiwilligkeit gesetzt werden solle. Hierbei sei der vereinbarte neue Wehrdienst „ein ganz wesentlicher Baustein“. Der Sprecher verwies zudem darauf, dass aktuell die Lage bei Bewerbungen für die Bundeswehr und auch bei Einstellungen gut sei.

„Wir schauen uns dann an, wie wachsen die eigenen Kapazitäten auf“, sagte er weiter. Reiche dies nicht, kämen gegebenenfalls auch „verpflichtende Elemente“ in Betracht.

Man habe sich in der Regierung „bewusst für diese Reihenfolge entschieden“, sagte dazu auch Vize-Regierungssprecher Steffen Meyer. Es erinnerte daran, dass es zum Thema Wehrpflicht in der Vergangenheit sehr ideologische Debatten gegeben habe. Aktuell gelinge es der Regierung jedoch, dies „ausgerichtet an der Bedrohungslage“ zu diskutieren.

Grünen-Fraktionsvize Agniezska Brugger bezeichnete die von Pistorius genannten Zahlen für eine Vergrößerung der Bundeswehr als „realistisch“. Allerdings müsse es auch darum gehen, „Sicherheit nicht allein militärisch zu definieren“, sagte sie dem Sender Phoenix. Es müsse auch um Freiwilligendienste sowie den Zivil- und Katastrophenschutz gehen. Skeptisch äußerte sich Brugger zu einer Wiedereinführung der Wehrpflicht in der traditionellen Form. Dies würde „unfassbar viele Ressourcen“ binden.

Die alle vier Jahre festgelegten sogenannten Fähigkeitsziele enthalten Vorgaben, wie die Verbündeten ihre Streitkräfte weiterentwickeln sollen, um ihre Aufgaben innerhalb der Allianz zu erfüllen. Die zum Teil sehr detaillierten Vorgaben sind geheim. Pistorius hatte in Brüssel jedoch gesagt, in Deutschland gehe es darum, mehrere Großverbände neu zu bilden und voll auszustatten. Dies werfe die Frage auf, ob die Freiwilligenbasis dafür ausreichen werde, sagte der Minister dazu auch.

Bei dem Nato-Treffen in Brüssel war es auch um die Erhöhung der Ausgaben für das Militär gegangen. Ein Vorschlag von Nato-Generalsekretär Mark Rutte sieht vor, dass die Nato-Länder bis zum Jahr 2032 mindestens 3,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigungsausgaben und 1,5 Prozent des BIP für verteidigungsrelevante Infrastruktur aufwenden müssen. Dies würde zusammengenommen den von US-Präsident Donald Trump geforderten fünf Prozent des BIP entsprechen.

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