
Eine Demenzerkrankung stellt Betroffene und ihr Umfeld täglich vor Herausforderungen. Oft kann man allerdings schon mit kleinen Handlungen vieles besser machen.
1. Es empfiehlt sich, von „Menschen mit Demenz“ zu sprechen, nicht von „Dementen“.
2. Das Kognitive der Betroffenen verschwindet, aber die Emotion bleibt und übernimmt. Daher sollte man die Gefühle von Menschen mit Demenz genauso ernst nehmen wie die von Gesunden. Versuchen Sie, möglichst ruhig, gelassen und freundlich zu bleiben – und möglichst nie etwas zu persönlich zu nehmen.
3. Man kann schwierigen Situationen vorbeugen: Angehörige schmerzt es, wenn etwa die Oma einen nicht mehr erkennt. Betritt man den Raum beispielsweise mit den Worten: „Hallo, hier ist Nicole, deine Enkeltochter“, ist klar, wer man ist – und die mögliche schmerzvolle Situation wird umgangen.
4. Bei der Demenz geht die Eigenständigkeit verloren. Der Betroffene bemerkt das und sucht nach Tätigkeiten und Gegebenheiten, die er beherrscht und oder kontrollieren kann. Lassen Sie diese Situationen zu. Loben Sie oft, und machen Sie Komplimente für die Ausübung von Tätigkeiten.
5. Körpernähe ist wichtig: Streicheln Sie die Hand, nehmen Sie denjenigen in den Arm.
6. Helfen Sie, wenn bei Betroffenen die Fähigkeit abnimmt zu lesen – und zu reden. Denn: Die Wörter verschwinden. Menschen mit Demenz sind dann oft traurig und frustriert, weil ihnen das in dieser Phase bewusst ist.
7. Menschen mit Demenz wissen, dass etwas mit ihnen passiert – und dieses Wissen macht Angst. Daher sollte man die Krankheit nicht in den Fokus stellen, nicht immer wieder erklären, dass derjenige an der Krankheit leidet. Der Betroffene ist dann für einen kurzen Moment betrübt. Doch welchen Sinn hat diese Traurigkeit, wenn der Moment verschwunden ist?
8. Jede Art von Druck oder Zwang wird extrem von den Betroffenen abgelehnt. Man kann lieber vorsichtig versuchen, eine Fokussierung auf die eigene Person zu erreichen. Menschen mit Demenz sind beispielsweise oft nicht ansprechbar, weil sie sich auf Beschriftungen von Dingen fokussieren.
9. Eine Kalenderuhr im Zimmer kann viel Halt geben: Sie zeigt Wochentag, Uhrzeit und Monat. Sie ist wichtig, weil Betroffene den Wochentag noch lesen können – auch wenn vergessen wurde, was das ist.
10. Befestigen Sie an unterschiedlichen Türen im Zuhause des Betroffenen selbst gemalte Bilder, Namen oder Fotos. Machen Sie etwa das Badezimmer extra kenntlich: „Hier ist das Bad von Horst“.
11. Fördern Sie den Kontakt mit Menschen. Freunde, Verwandte oder Ehrenamtliche sind für tägliche Besuche willkommen.
12. Hängen Sie Fotos an die Wände der Zimmer: von Freunden und Familie. Stellen Sie Fotos von Menschen, die häufig zu Besuch kommen, eingerahmt und mit Namen beschriftet auf.
13. Menschen mit Demenz können auch im Regenmantel Abendbrot essen oder Kaffee mit Multivitaminsaft trinken – das schadet nicht. Bei Problemen ist es für Angehörige oder Pflegende oft einfacher, als andere Lösungen zu suchen. Lange Diskussionen machen müde und verschärfen die Situation.
14. Lassen Sie Unordnung zu. Etwa: viel Krimskrams im Zimmer zum Herumräumen, Papiere und Zettel, die die Menschen mit Demenz immer wieder neu im Raum verteilen.
15. Post macht fröhlich: Bitten Sie Familienmitglieder und alte Freunde, Postkarten zu schicken, in einfacher großer Schrift, mit Themen aus dem Hier und Jetzt. Etwa: „Liebe Ilse, ich gehe im Wald spazieren und denke an Dich. Ich habe heute einen Schnupfen, weil ich ohne Jacke im Regen war. Deshalb niese ich ab und zu sehr laut. Und alle Tiere im Wald erschrecken sich. Ich freue mich, Dich bald zu sehen. Hoffentlich geht es Dir gut. Bis bald, Deine …“
16. Kleidung sollte bei 60 Grad waschbar sein und möglichst keine Knöpfe oder Reißverschlüsse haben. Bewährt haben sich Hosen mit Gummizug zum Hineinschlüpfen, wie sie etwa Ärzte oder Pflegekräfte oft tragen. Sogenannte Diabetikersocken, die einen weichen Rand haben und nicht einschneiden, sind hilfreich.
17. Machen Sie Tätigkeiten vor, etwa Händewaschen oder Zähneputzen.
18. Sprechen Sie langsam und deutlich, ohne Hektik.
19. Wut entsteht auch durch Unsicherheit der Betroffenen – diese wächst oft aus dem Nicht-verstehen-Können. Bedenken Sie das bei Wutanfällen. Man kann als Gegenüber auch kurz mal traurig sein und das zeigen, wenn man beschimpft wird. Mimik hilft oft besser als Reden. Erteilen Sie keine Befehle. Verlassen Sie bei einer Eskalation den Raum, und versuchen Sie, nach zwei Minuten möglichst entspannt zurückzukommen.
20. Bewegung ist sehr wichtig. Menschen mit Demenz sind häufig „Läufer“, sie gehen viel: Sie haben eine „Hinlauftendenz“, laufen also auf Ziele zu. Gemeinsame Spaziergänge sind toll: Sehen Sie sich alles in Ruhe an, kommentieren Sie es, machen Sie Pausen. Wechseln Sie die Routen.
21. Es gilt: Bewegungsabläufe trainieren den Körper und verlangsamen die Demenz. Geeignet sind etwa Ballspiele mit weichem Schaumstoffball oder Luftballon.
22. Üben Sie gemeinsam Fingerfertigkeiten, etwa Tuschen oder Kneten. Spielen Sie zusammen „Mensch ärgere dich nicht“ – mit variablen Regeln. Loben Sie die Erfolge.
23. Musiktherapie kann helfen: singen, tanzen, musizieren.
24. Ermutigen Sie Betroffene, viel zu trinken.
25. Süßigkeiten helfen Menschen mit Demenz bei Stress und schlechter Laune und geben dem Hirn ein gutes Gefühl (natürlich in Maßen).
26. Die sogenannte „Biografiearbeit“ hilft im Umgang mit Menschen mit Demenz in Pflegeheimen. Weiß man, was für ein Leben jemand gelebt hat, lässt sich dieses Wissen leichter in den Alltag integrieren.
27. Im Pflegeheim empfiehlt es sich, eine flache Fußmatte in einer leuchtenden Farbe vor die Tür zu legen. Sie muss brandschutzzertifiziert sein. Dann kann das Zimmer im Gang leichter gefunden werden.
28. Das Essen in den großen Räumlichkeiten von Pflegeeinrichtungen kann überfordern. Hier stellen Menschen mit Demenz sich oft Fragen wie: „Habe ich genug Geld, um zu bezahlen?“, „Sitze ich hier richtig?“ Ahmt man als Besucher eine Situation im Restaurant nach, versichert, dass der Tisch reserviert ist und man genügend Geld dabeihat, kann das Essen entspannter verlaufen.
29. Suchen Sie sich Informationen, Unterstützung und Hilfe von außen, zum Beispiel bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.
30. Das Ziel: eine lebenswerte Zeit, die man einem Menschen mit Demenz geben möchte – so lange wie möglich.