„Tatort“ aus Wien: Zwischen Champagner und Chemieunfall: Ein Krimi im Koma

  • Juni 20, 2025

Unglaubwürdige Charaktere, wenig überzeugende Schauspieler, verworrener Fall: An diesem Wien-„Tatort“, den die ARD als Wiederholung zeigt, stimmt fast gar nichts.

Kleiner Gag zu Beginn: Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) stehen völlig overdressed auf der Party ihres Chefs Ernst Rauter. Kann man machen. Und doch sorgt schon der Einstieg für Verwunderung: Als die Figur eingeführt wurde, war Bibi trockene Alkoholikerin. Jetzt schlürft sie Champagner, als sei nie etwas gewesen.

Es ist leider nicht das einzige an diesem „Tatort“, das lieblos und egal wirkt. Die ganze Konstellation ist statisch, die Charaktere wirken merkwürdig unmotiviert und blutleer. Etwa der Witwer, der mit Wut auf den Tod seiner Frau reagiert, später seinen nachvollziehbaren Ausraster aber damit rechtfertigt: Er sei müde gewesen. Der Chef eines gigantischen Konzerns, der nicht souverän und entschlossen auftritt, sondern wankelmütig und zerknirscht hinter seinem Schreibtisch hockt.

Das Kraftzentrum des Falls stellte ein Mann hinter Gittern dar, der seine Emotionen mit eiserner Disziplin unter Kontrolle hält. Vor allem aber ist die ganze Geschichte (Buch: Verena Kurth, Regie: Robert Dornhelm) von vorne bis hinten unplausibel. Ganz so, als habe die bei dem Chemieunfall am Anfang des Films freigesetzte Säure den kreativen Prozess gelähmt.

„Tatort“: Wiener Variante von Lady Macbeth

Bei besagtem Säureunfall verlor eine Frau ihr Leben – der Schutzanzug war fehlerhaft. Hergestellt wurde er von einer Tochterfirme der Wendler-Werke, und hier wird die Geschichte kompliziert: Peter Wendler (Anian Zollner), der Eigentümer dieser Firma, sitzt im Gefängnis, wohin ihn die Falschaussage seines Freundes und Geschäftspartners Viktor Perschawa (Michael Masula) gebracht hat. Der hat sich nämlich in Wendlers Ehefrau Sabrina (Maria Köstlinger) verliebt und sich so seines Nebenbuhlers entledigt. Die Ehefrau verfolgt wiederum ganz andere Interessen: Sie möchte den Firmenbesitz ihres Mannes schnell verkaufen und sich ins Ausland absetzen. Im Stil einer Wiener Variante von Lady Macbeth intrigiert und lügt sie, um ihre Ziele zu erreichen.

Doch einer ist noch intriganter, noch gerissener: ihr Ehemann. Aus dem Knast heraus plant er ein mörderisches Komplott.

„Gier is a Hund“

Eisner und Fellner stolpern zwischen Gefängnis, Firmenzentrale und der Wendler-Villa hin und her, ohne den Vorgängen auch nur ansatzweise auf den Grund zu kommen. Kein Wunder, dass keiner der hier aufgeführten Schauspieler auch nur ansatzweise zu Hochform aufläuft: Es wirkt alles wie eine Kopfgeburt. 

„Gier is a Hund“, sag Bibi an einer Stelle über die Geschäftspraktiken der Wendler-Werke. Denn der „Tatort“ enthält – in guter volkshochschulischer Tradition – einen Exkurs über den globalen Kapitalismus. Nach 90 Minuten kann man aber mit gutem Grund urteilen: „Dieser Fall is a Schmarrn.“

Der „Tatort: Gier“ wurde erstmals 2015 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Film an diesem Freitag, 20. Juni, um 22.20 Uhr

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