
Zwischen Iran und Oman verläuft eine Lebensader der Weltwirtschaft. Blockiert Teheran den Seeweg, wäre das weit über die Region hinaus spürbar – auch für Wirtschaft und Verbraucher in Deutschland.
Vom Spritpreis bis zur Lage der Wirtschaft – weltweit hängt Vieles von der Straße von Hormus ab. Nun droht der Iran damit, die wichtige Schifffahrtsstraße zu blockieren. Wie machtvoll ist dieses Druckmittel?
Wo liegt die Straße von Hormus?
Der Seeweg ist eine Meerenge zwischen dem Iran und dem Oman. Sie ist die einzige Verbindung des Persischen Golfs mit den Weltmeeren. An der engsten Stelle ist die Schifffahrtsstraße rund 50 Kilometer breit. Die schiffbaren Passagen in beide Richtungen messen rund drei Kilometer. Am Golf von Persien liegen bedeutende Ölförderländer, neben dem Iran Saudi-Arabien, Irak, Kuwait, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Wer kontrolliert den Seeweg?
Es gibt keine zentrale Kontrollbehörde wie etwa am Suezkanal. Die Tanker fahren durch Hoheitsgewässer des Iran und des Oman. Ein UN-Abkommen, das Handelsschiffen freie Durchfahrt garantiert, hat der Iran zwar unterzeichnet, aber nicht ratifiziert. Teheran prüft nun, ob die Meerenge blockiert wird, wie ein General sagte. Das iranische Parlament hat sich für eine Sperrung ausgesprochen. Die Entscheidung liegt beim Obersten Nationalen Sicherheitsrat unter Leitung des obersten Führers des Landes, Ajatollah Ali Chamenei.
Warum ist die Straße so entscheidend für den Welthandel?
Die Meerenge gilt weltweit als eine der wichtigsten Routen der Seefahrt. „Jede Unterbrechung der Ströme durch die Meerenge hätte erhebliche Auswirkungen auf die Weltölmärkte“, heißt es in einem Datenblatt der Internationalen Energie-Agentur (IEA). Demnach wurde 2023 nahezu 30 Prozent des weltweiten verschifften Öls über die Straße von Hormus transportiert – etwa 20 Millionen Fass Rohöl pro Tag, rund ein Fünftel des weltweiten Bedarfs. Der größte Teil davon geht in Richtung China, Indien und in andere asiatische Länder. Auch etwa 20 Prozent des weltweiten Flüssiggashandels läuft durch die Meerenge.
„Obwohl deutsche Ölimporte nicht direkt über die Straße von Hormus kommen, wäre eine Blockade über den Weltmarktmechanismus spürbar“, sagte Claudia Kemfert, Energieexpertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Vor allem die chemische Industrie, der Transportsektor und die Verbraucher würde das treffen. Neue Verwundbarkeit gebe es auch beim Flüssiggas. Deutschland deckt seit dem Verzicht auf russisches Gas einen kleinen Teil seines Gasbedarfs mit Flüssiggas aus Katar.
Gibt es Alternativen?
Es gibt Pipelines, etwa durch Saudi-Arabien zum Roten Meer und eine der Vereinigten Arabischen Emirate zum Golf von Oman. Pipelines könnten laut IEA im Fall einer Blockade etwa ein Viertel der durchschnittlichen Ölmenge aufnehmen, die sonst in Tankern den Golf verlassen würde. Anders als andere Förderländer hat der Iran laut IEA keine solche Alternative zur Straße von Hormus.
„Die schiere Menge an Öl, die über die Straße von Hormus exportiert wird, und die begrenzten Möglichkeiten, sie zu umgehen, bedeuten, dass jede Unterbrechung der Ölströme enorme Folgen für die weltweiten Ölmärkte hätte“, warnt die Agentur. Bei längerer Unterbrechung seien signifikante Preisanstiege unvermeidlich und Engpässe schnell zu erwarten.
Wie teuer könnte Öl werden?
Ökonomen der Deutschen Bank warnen für den Fall einer weiteren Eskalation vor einem starken Anstieg der Ölpreise. „Das negative Risikoszenario ist eine Blockade der Straße von Hormus, die Hauptschlagader für den regionalen Rohölumschlag“, sagte der Chefvolkswirt für Deutschland, Robin Winker, in einer am Montag veröffentlichten Analyse. Rohöl der Sorte Brent könnte demnach binnen kurzer Zeit auf 120 US-Dollar pro Fass steigen. Bliebe die Straße bis Jahresende dicht, könnte der Preis aus Sicht der ING Bank auch 150 Dollar erreichen und damit sogar deutlich mehr als auf dem Höhepunkt der Energiekrise nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Momentan kostet ein Fass knapp 80 Dollar.
„Die derzeitige Konjunkturerholung würde abbrechen“, warnte Deutsche-Bank-Ökonom Winker. Für Verbraucher würde es demnach teurer: Die Inflation könnte kurzfristig um etwa einen Prozentpunkt nach oben gehen. Die Experten der DZ Bank meinen, dass die Märkte aber noch auf eine diplomatische Lösung setzen. Zwar steige der Ölpreis. „Von Panik an den Finanzmärkten kann aber keine Rede sein.“