
In den 1990er Jahren wurde in der Jugendarbeit rechtsextremes Verhalten oft toleriert. Beobachter fordern bei neu aufflammendem Rechtsextremismus unter Jugendlichen eine andere Herangehensweise.
Jugendlichen mit rechtsextremen Positionen sollten nach Ansicht der Mobilen Beratung in Thüringen (Mobit) klare Grenzen gesetzt werden. „Es ist wichtig, dass man diese Entwicklung thematisiert und es nicht so eine akzeptierende Jugendarbeit gibt wie in den 1990ern“, sagte Felix Steiner, Sprecher der Demokratieberater, angesichts des zunehmenden Zuspruchs junger Menschen für rechtsextreme oder rechtspopulistischen Positionen. Schulen bräuchten ausreichend geschultes Personal. Zudem müsse es außerschulische Projekte geben, um jungen Menschen zu zeigen, welche gesellschaftlichen Werte und Normen in Deutschland akzeptiert seien und welche nicht.
Eltern tolerieren rechtsextremes Gedankengut
Schließlich müssten die jungen Menschen unterstützt werden, die in den Fokus beispielsweise von jungen Rechtsextremen gerieten. In den 1990er Jahren wurde nach den Aussagen von Steiner rechtsextremes Verhalten in der Jugendarbeit oft toleriert.
Steiner sagte, in den Beratungen von Mobit sei zuletzt ein Fall geschildert worden, in dem sich ein Schüler im Klassenraum als „junger Nationalsozialist“ bezeichnet habe. In einem anderen Fall habe ein Lehrer eine Mutter zu einem Gespräch eingeladen, weil ihr Sohn mit einem T-Shirt mit rechtsextremer Symbolik in die Schule gekommen war. Die Mutter habe dem Lehrer gegenüber dann zugegeben, ihrem Sohn das T-Shirt gekauft zu haben – verbunden mit der Aufforderung, es nicht in der Schule zu tragen. Viele der jungen Menschen, die sich rechtspopulistisch oder rechtsextrem äußerten, kämen aus Elternhäusern, die solche Werte entweder teilten oder tolerierten, sagte Steiner.
Politische Einstellungen bei Jüngeren nicht immer gefestigt
In einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der „Thüringer Zustände“ konstatieren zwei Autoren von Mobit – darunter Steiner -, dass es derzeit tatsächlich eine Hinwendung junger Menschen zu rechtsextremer Ideologie gibt. Sie warnen allerdings auch vor voreiligen Schlüssen. Rechtsextremisten und Rechtspopulisten würden einen solchen Rechtsruck auch gerne herbeireden, heißt es dort. Viele junge Menschen seien in ihren politischen Einstellungen noch nicht gefestigt. „Provokation spielt bei jungen Menschen ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle“, heißt es in der Ausgabe.
Bei den „Thüringer Zuständen“ handelt es sich um einen seit 2020 jährlich herausgegebenen Sammelband, der von Mobit, den Opferberatern von ezra, dem Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft sowie dem Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Universität Jena gemeinsam herausgegeben wird.