
Der Mann war groß gewachsen und hatte enorme Schmerzen. So viel können die Forscher schon sagen. Nun stehen umfangreiche Untersuchungen am Grab des mittelalterlichen Herrschers im Magdeburger Dom an.
Im Zuge der Sanierung des steinernen Grabmals von Otto dem Großen (912-973) im Magdeburger Dom ist der innenliegende Holzsarg geöffnet worden. „Es ist wahrscheinlich Kaiser Otto, der da drin liegt. Ich hoffe, dass wir es noch beweisen können“, sagte Sachsen-Anhalts Landesarchäologe Harald Meller. Es handele sich um das Skelett eines etwa 60-jährigen Mannes. Es sei abzulesen, dass er Zeit seines Lebens geritten ist. Mit etwa 1,78 Metern Körperhöhe ist der Mann etwa zehn Zentimeter größer als der Durchschnitt damals, das spreche für eine gute Ernährung.
Die Experten des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie gehen auch davon aus, dass der Mann enorme Schmerzen gehabt haben muss. Eine Arthrose sei deutlich sichtbar an den Knien, auch am Becken gebe es Schäden. Starke Parodontose und Zahnstein hatte der Mann ebenfalls.
Analysen zu Krankheiten und Todesursache
Neben den Gebeinen wurden durcheinander liegende textile und pflanzliche Reste gefunden sowie Eierschalen, die für christliche Gräber durchaus üblich sind, teilten das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und die Kulturstiftung Sachsen-Anhalt mit. Die Forscher gehen davon aus, dass vieles davon bei späteren Graböffnungen beigelegt wurde.
Landesarchäologe Meller kündigte umfangreiche Analysen an, etwa zu Krankheiten und zur Todesursache. In etwa einem Jahr könne man voraussichtlich mehr zur Haut-, Haar- und Augenfarbe sagen. Der gut erhaltene Schädel ermögliche voraussichtlich auch eine Gesichtskonstruktion. Auch die Beigaben sollen genau untersucht und konserviert werden. Die Forscher betonten, alle Untersuchungen würden vor Ort in Magdeburg durchgeführt. Viele Fachleute sind beteiligt.
Zustand des Grabes zusehends schlechter
Das Grabmal im Magdeburger Dom war regelmäßig untersucht worden. Im vergangenen Jahr war der Zustand so schlecht, dass die Experten sich für ein Eingreifen entschieden. Klimaschwankungen und Feuchtigkeit setzten dem Material zu, Eisenklammern rosteten, es entstanden Risse im Kalkstein und im Marmor. Für die Arbeiten ist das Grabmal aktuell eingehaust.
Ein neuer Holzsarg für die Gebeine soll entstehen
Um den Sarkophag sanieren zu können, müsse der Inhalt entnommen werden, erklärten Vertreter des Landesamts für Denkmalschutz und Archäologie und der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt weiter. Auch müsse er zeitweise versetzt werden. So soll der Untergrund so gestaltet werden, dass das Aufsteigen von Feuchtigkeit und Salzen möglichst gestoppt und ein fester Stand gewährleistet wird.
Wenn die Arbeiten beendet sind, sollen die Gebeine wieder beigelegt werden – das könnte im Spätsommer 2026 sein. Nötig sei ein neuer innen liegender Sarg, weil der bestehende zum Teil zersetzt sei. Die Gestaltung soll in Zusammenarbeit mit der Kunststiftung Sachsen-Anhalt erfolgen.
Sarg aus Kiefernholz aus dem hohen Mittelalter
Der vorgefundene schlichte Holzsarg wurde aus unterschiedlich alten Kiefernhölzern aus dem hohen Mittelalter gezimmert, wie bisherige Untersuchungen ergaben. Aller Wahrscheinlichkeit nach sei der Sarg angefertigt worden, als die Gebeine Ottos des Großen nach dem Dombrand von 1207 und dem anschließenden Neubau des Domes umgebettet wurden, so die Experten.
Hebelspuren an Deckel und Sarkophagwand deuteten auf spätere Öffnungen hin. Die oberen Partien seien gut erhalten, Schäden seien aber deutlich an den Stellen, an denen über Öffnungen im Steinsarkophag Luft in das Innere gelangt sei. Die unteren Bereiche des Holzkastens seien weitreichend zersetzt. Feuchtigkeit aus dem Untergrund habe ihnen zugesetzt.
Otto I., auch Otto der Große genannt, war der erste Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und eine zentrale Figur der europäischen Geschichte. Otto wurde 962 in Rom zum Kaiser gekrönt. 968 gründete er das Erzbistum Magdeburg. 973 starb er in Memleben. Er wurde im Magdeburger Dom an der Seite seiner schon 946 verstorbenen Frau Editha beigesetzt.