
Mit Strukturänderungen und einer Reform der Priesterausbildung will das Bistum Fulda auf die Fälle von sexualisierter Gewalt in der katholischen Kirche reagieren.
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber sieht die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in seinem Bistum als Daueraufgabe und kündigt Strukturveränderungen an. „Es handelt sich nicht um bedauerliche Einzelfälle, sondern um ein systemisches Versagen“, sagte Gerber rund eine Woche nach der Vorlage des Abschlussberichts einer unabhängigen Untersuchungskommission.
In der 319-seitigen Studie werden Gleichgültigkeit gegenüber Betroffenen sowie Vertuschung und Fehlverhalten von Personalverantwortlichen in der Kirchenführung angeprangert.
Hohe Dunkelziffer
Mindestens 120 Menschen wurden nach Angaben der Kommission im Zeitraum zwischen 1945 und 2024 Opfer sexueller Gewalt. 239 Taten sowie 37 Beschuldigte, zumeist Pfarrer und Kapläne, werden in dem Bericht dokumentiert, namentlich aber nicht genannt. Die Dunkelziffer dürfte nach Einschätzung der Kommission noch weitaus höher liegen.
Die Kommission hatte für ihren Bericht fast vier Jahre lang recherchiert.
Reform der Priesterausbildung
Gerber, der auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, machte sich auf einer Pressekonferenz in Fulda sich für eine Reform der Priesterausbildung stark. Der Bericht habe offengelegt, dass teilweise Männer zu Priestern geweiht worden seien, die bereits während ihrer Ausbildung oder sogar davor „ein problematisches Verhalten“ gezeigt hätten.
Der Bischof, der seit 2019 im Amt ist, berichtete, dass er in seiner bisherigen Amtszeit bereits sechs Priester aus dem Dienst nehmen musste, darunter auch zwei wegen sexualisierter Gewalt.
Neue Fachstelle
Generalvikar Martin Stanke kündigte die Schaffung einer neuen Fachstelle an, die sich schwerpunktmäßig um die Bereiche Prävention, Intervention und Aufarbeitung kümmern soll. Dies solle „zeitnah“ geschehen.
Personalleiterin Beate Lopatta-Lazar verwies darauf, dass in dem Bistum bereits eine Personalkommission berufen worden sei, die sich um Themen wie Neueinstellungen und Versetzungen kümmere. Darin seien auch Laien und Frauen vertreten und nicht nur Kleriker.
Kritik von Reformbewegung – Gerber geht auf Distanz
Die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ hatte nach der Vorlage des Berichts kritisiert, die Untersuchung zeige das „übliche Muster“. So sei nicht endgültig geklärt werden, inwiefern die früheren Bischöfe Johannes Dyba und Heinz Josef Algermissen über die Vertuschung von Missbrauchsfällen wussten.
Vielmehr hätten die jeweiligen Fuldaer Bischöfe von 1977 bis 2003 die gesamte Personalverantwortung in die Hände von Weihbischof Johannes Kapp gegeben, der während dieser Zeit Personalchef des Bistums gewesen sei.
Gerber distanzierte sich in diesem Punkt ausdrücklich von den früheren Bistumsleitungen. „Wie das gehandhabt wurde, geht und ging nicht“, sagte der Bischof mit Blick auf die Abwälzung von Personalverantwortung und Vertuschungsversuche.