
Die Fraktionen im niedersächsischen Landtag ringen um Regeln für Social-Media-Plattformen wie Tiktok und Co. – doch beim Schutz der Kinder und Jugendlichen fehlt es bislang an Einigkeit.
Kinder und Jugendliche müssen nach Ansicht von SPD und Grünen in Niedersachsens Landtag besser vor gefährlichen Social-Media-Inhalten geschützt werden. Plattformen wie Tiktok oder Instagram könnten informieren, unterhalten und verbinden, sagte der SPD-Abgeordnete Tim Wook. „Aber: Sie verletzen auch, sie manipulieren, sie gefährden.“
Als Gegenmaßnahmen fordern die Regierungsfraktionen eine Debatte über ein Mindestalter von 14 Jahren für Social Media, spezielle Jugendkonten sowie ein härteres Vorgehen gegen Desinformation und extremistische Inhalte.
Die Politik habe viel zu lange weggesehen, kritisierte Wook. Das Ergebnis seien Jugendliche, die sich von der Welt zurückzögen, weil sie glaubten, nicht gut genug zu sein, die in den Abgrund radikaler Verschwörungsideologien rutschten, und Eltern, die hilflos zusähen, weil sie keine Werkzeuge hätten, um ihre Kinder im digitalen Raum zu schützen.
„Klare Spielregeln statt digitaler Wildwestzonen“
Grünen-Fraktionschef Detlev Schulz-Hendel forderte einen klaren Rahmen für die Nutzung. „Soziale Medien brauchen klare Spielregeln statt digitaler Wildwestzonen“, sagte er. Die Plattformbetreiber hätten eine besondere Verantwortung, da ihre Algorithmen gefährliche Inhalte verstärkten.
„Es kann doch nicht sein, dass Algorithmen allein auf maximale Interaktionen getrimmt sind und dabei Inhalte mit selbstverletzendem Verhalten, sexualisierter Sprache oder extremistischer Ideologie unkontrolliert millionenfach verbreitet werden“, sagte Schulz-Hendel. Der Grünen-Politiker sprach sich für eine stärkere Regulierung aus – bis hin zu der Option, die Plattformen im Extremfall zu sperren.
Auch Kultusministerin für Altersgrenze
Ein gesetzliches Mindestalter für soziale Medien in Deutschland hält auch Kultusministerin Julia Willie Hamburg für sinnvoll. „Ich persönlich finde eine Altersgrenze von 14 Jahren für die Nutzung von Social Media sehr zielführend“, sagte die Grünen-Politikerin bereits im Januar.
So könnten schon Schulen eine gewisse Medienkompetenz vermitteln und Eltern dabei unterstützen, bevor Kinder etwa auf Fake News oder Gewaltbilder stoßen, sagte Hamburg damals. Studien zeigten, dass der Social-Media-Konsum umso schädlicher sein könne, je jünger ein Kind ist.
CDU: Plattformen zu Moderation verpflichten
Die oppositionelle CDU unterstützte das Anliegen von Rot-Grün grundsätzlich, kritisierte aber Schwächen im Antrag. Die Vorschläge ließen realistische Prioritäten und Zuständigkeiten vermissen, sagte die CDU-Abgeordnete Colette Thiemann: „Was wir brauchen, ist keine Wunschliste für alle Eventualitäten, sondern ein verantwortbarer, umsetzbarer und rechtsklarer Schutzansatz.“
Thiemann forderte, die Plattformbetreiber stärker in die Pflicht zu nehmen und sie zu aktiver Moderation sowie konsequentem Jugendschutz zu verpflichten. Ein Mindestalter sei zwar sinnvoll, doch bleibe unklar, wie das Alter konkret verifiziert und kontrolliert werden solle.
AfD wirft SPD und Grünen Desinformation vor
Die AfD-Abgeordnete Vanessa Behrendt lehnte den rot-grünen Antrag mit scharfer Kritik ab. Sie warf SPD und Grünen stattdessen vor, selbst Desinformation zu verbreiten und unliebsame Positionen zu unterdrücken. Statt gesetzlicher Vorgaben brauche es offene Debatten, Meinungsvielfalt und den Schutz der Redefreiheit – auch vor möglichen Konsequenzen.
Die AfD hatte bereits zu Beginn der Woche beantragt, die Äußerungen von Landtagsabgeordneten grundsätzlich straffrei zu stellen. Gegen Behrendt laufen zwei Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung.