
Mit 14 die erste Gerichtsverhandlung, mit 19 ein Haftbefehl und mit 21 eine mehr als zehnjährige Haftstrafe. Maximilian Pollux wollte das Leben in der Kriminalität. Heute hilft er Jugendlichen.
Als Maximilian Pollux auf der Bühne im Landesmuseum Mainz steht und aus seinem Leben erzählt, ist es still im Saal. Pollux steht vor über 100 Schülerinnen und Schülern und spricht über seine Jugend als Krimineller, seine Zeit im Gefängnis und sein Leben danach. Heute arbeitet er in der Jugendarbeit, will verhindern, dass junge Menschen kriminell werden. Eingeladen hat ihn das Justizministerium zur Abschlussveranstaltung der Woche der Justiz.
Mit neun, zehn, elf habe Maximilian Pollux (42) seine ersten Straftaten begangen, erzählt er. „Ich bin nicht reingerutscht in die kriminelle Welt, ich bin da reingelaufen. Ich wollte das“, sagt er. In der Schule sei er immer zu laut gewesen, zu aggressiv. Vor Strafen hätte er keine Angst gehabt. „Man kann einen jungen Menschen, der es gewohnt ist, bestraft zu werden, nicht mit Strafe beeindrucken.“
Haftbefehl mit 19, mit 21 folgt die Verurteilung
Strafen seien für ihn daher auch nur eine Form der Aufmerksamkeit gewesen, die er so dringend haben wollte. Seine erste Gerichtsverhandlung mit 14 Jahren habe dementsprechend auch nicht einschüchternd auf ihn gewirkt. Stattdessen habe er sie als Show wahrgenommen. Richter, Anwälte und Staatsanwälte, die alle nur seinetwegen da sind. Die Strafe sei dann mehr eine Herausforderung gewesen. „Arbeitsstunden? Mach‘ ich nicht. Jugendarrest? Geh‘ ich nicht. Ach, ihr holt mich? Dann sitz’ ich halt.“
Als er 15 oder 16 Jahre alt war, habe er dann ältere Jungs auf der Straße kennengelernt, die ihm gesagt hätten: „Du bist nicht zu laut, du bist genau richtig und du bist nicht zu aggressiv, du bist mutig.“ Er habe sie zu seinen Vorbildern gemacht. Als er 19 Jahre alt war, wurde ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt – Pollux flieht erst nach Tschechien, dann nach Spanien und in die Niederlande.
Dort wird er mit 21 Jahren von einer Zielfahndungseinheit der Polizei München festgenommen. In der anschließenden Verhandlung wurde er wegen zahlreichen Straftaten zu 13 Jahren und einem Monat Haft verurteilt, so Pollux. Unter anderem wegen Drogen– und Waffenhandel, räuberischer Erpressung und Körperverletzung.
Vom Gangster zum Mentor
Nach etwas mehr als zehn Jahren sei er raus aus dem Gefängnis gekommen. Die Resozialisierung im Gefängnis habe bei ihm nicht geklappt, sagt er. „Weil ich nie richtig in die Gesellschaft integriert war. Man kann niemanden resozialisieren, der nie sozialisiert war.“ Wieder in Freiheit hat er begonnen, an Schulen zu gehen und über seine Erfahrungen in der Kriminalität zu sprechen. Für ihn auch ein Teil der Traumabewältigung.
Gemeinsam mit seiner Frau gründete er in Mainz den Verein SichtWaisen. In diesem arbeiten sowohl pädagogische Fachkräfte als auch Menschen, die selbst Erfahrungen mit Drogen und Kriminalität gemacht haben, wie Maximilian Pollux. Gemeinsam wollen sie Jugendlichen beim Ausstieg aus Kriminalität und Gewalt unterstützen. Für Pollux spielt dabei auch das Motto „Wie man in den Wald hineinruft, schallt es wieder hinaus“ eine Rolle. „Ihr wollt kämpfen? Dann wird die Welt euch bekämpfen. Ihr seid bereit für Frieden? Dann werdet ihr Frieden von der Welt bekommen.“