
Das gespaltene Amerika ist immer wieder Thema in Filmen, Bücher und Serien. Eine Liste mit Empfehlungen zum Lesen und Schauen.
Große Kultur hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass sie Zeitgeistphänome radikal zu Ende denkt: Der deutsche Regisseur Fritz Lang brachte zu Zeiten der Weimarer Republik einen Vorläufer Hitlers auf die Leinwand: „Dr. Mabuse“, einen psychisch gestörten Superverbrecher. Etwa zur gleichen Zeit veröffentlichte Thomas Mann seine Novelle „Mario und der Zauberer“, die Geschichte eines Hypnosekünstlers, der die Züge eines Demagogen trägt. Auch dem französischen Schriftsteller Michel Houellebecq wird nachgesagt, dass er in seinen Romanen die Entwicklung der französischen Republik zu einem autoritären Staat vorwegnehme, besonders in „Unterwerfung“ von 2015. Und wer die US-amerikanische Kultur der vergangenen Jahre verfolgt hat, dürfte kaum überrascht sein von den jüngsten Geschehnissen, nicht nur in Los Angeles. Die Finsternis hat sich lange angekündigt.
Film: „Civil War“ von Alex Garland (Netflix)
Das Kriegsdrama des Briten Alex Garland zeigt ein Amerika am Abgrund, die Kamera bleibt dicht bei den Kriegsreportern, die nur noch festhalten, was unwiderruflich zerbricht. Garlands Vision eines Landes, das jede Ordnung verliert, wirkt erschreckend real. Es gibt keine Helden mehr und keinen Trost.
Sachbuch: „Der tiefe Graben“ von Ezra Klein (14 Euro, Hoffmann und Campe)
Der Kolumnist der „New York Times“ seziert Amerika mit großer Präzision – und spürbarem Mitgefühl. Sein Buch zeigt, wie Parteien und Medien das Land entzweien. Wer verstehen will, warum Amerika sich selbst nicht mehr erkennt, findet hier eine Analyse, die zugleich Diagnose und Trostversuch ist.
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Serie: „The Plot Against America“ (Amazon Prime)
Die sechsteilige Serie nach einem Roman von Philip Roth folgt der jüdischen Familie Levin in den 1940-Jahren: Ein Populist wird Präsident, Antisemitismus sickert in den Alltag, die Demokratie beginnt zu bröckeln. Die Serie mit Winona Ryder und John Turturro zeigt, wie schnell Hass zur Normalität wird und wie sich die Spaltung ausbreitet. Eine Warnung: Geschichte kann sich jederzeit wiederholen.
Roman: „American War“ von Omar El Akkad (12 Euro, Blessing)
Omar El Akkad, ein ehemaliger Kriegsreporter, erzählt in diesem Roman von einer Kindheit während eines zukünftigen Bürgerkriegs im Süden Amerikas und davon, wie Gewalt Biografien prägt und wie Hoffnung schwindet. Science-Fiction? Es scheint, als habe El Akkad die Gegenwart lediglich logisch weitergedacht.
Serie: „Andor“ (Disney+)
Das Weltraummärchen „Star Wars“ wird in dieser Serie endlich politisch: Der Held Cassian Andor (Diego Luna) ist ein Widerstandskämpfer. Im Dickicht aus Überwachung und Misstrauen sucht er seinen Weg, bereit, alles zu opfern. Es geht ums Überleben im Überwachungsstaat. Beklemmend aktuell.
Sachbuch: „Aufstand in Amerika“ von Stephen Marche (18 Euro, Droemer)
Der Kanadier Stephen Marche legt eine Mischung aus Reportage, Analyse und politischer Dystopie vor. In fünf erschreckend realistischen Szenarien – von Naturkatastrophen bis zur Auflösung der Föderation – zeigt er, wie sich ein Bruch durch die USA zieht. Was das Buch so lesenswert macht, ist die Verbindung von dokumentarischer Präzision und literarischer Kraft.
Serie: „The Handmaid’s Tale – Der Report der Magd“ (Amazon Prime)
Die preisgekrönte Serie nach einem Roman der Kanadierin Margaret Atwood führt uns in eine Gesellschaft, die sich in einen Gottesstaat verwandelt: Frauen werden zu Dienerinnen, ihre Körper zu Gebärmaschinen. Mit Topbesetzung: Elisabeth Moss spielt die Magd June, Joseph Fiennes den Kommandanten Waterford. Angriffe auf Frauenrechte, religiöser Fundamentalismus, gesellschaftliche Spaltung – wir schauen auf eine Zukunft, die längst begonnen hat.
Roman: „Die Parabel vom Sämann“ von Octavia E. Butler (15 Euro, Heyne)
Etwas Hoffnung im Untergang zeigt dieser brillante Roman: Octavia E. Butler, preisgekrönte US-Autorin, erzählt von einem Kalifornien am Abgrund. Es geht um Klimachaos, Gewalt und eine zerfallende Gesellschaft. Doch Protagonistin Lauren hält an ihrer Vision fest und gründet im Untergang eine neue Gemeinschaft. Ein Roman, der nüchtern und eindringlich zeigt, wie Menschen selbst unter extremen Bedingungen nach neuen Wegen suchen.