Tödliche Schüsse in Oldenburg: „Lorenz war kein Einzelfall“ – Forderung nach Reformen

  • Juni 29, 2025

Lorenz stirbt durch Polizeischüsse von hinten. Die Grüne Jugend fordert: Das darf nicht ohne Folgen bleiben – und bringt vier Reformvorschläge auf den Tisch. Auch in Oldenburg regt sich Protest.

Mehr als zwei Monate nach den tödlichen Polizeischüssen in Oldenburg werden Rufe nach Konsequenzen laut. Polizisten sollten auf ihrer Uniform eine individuelle Kennziffer tragen und ihre Bodycams immer mitlaufen lassen, fordern die Vorsitzenden der Grünen Jugend Niedersachsen, Yola Kreitlow und Lukas Kluge.

Derweil gingen am Wochenende erneut Hunderte Menschen in Oldenburg auf die Straße. Sie verlangen Gerechtigkeit für den erschossenen Lorenz und ein Umdenken bei der Polizei.

Grüne Jugend fordert schnelles Handeln

Kritisch sieht der Grünen-Nachwuchs die Ermittlungen gegen den Polizisten, der den jungen schwarzen Mann in der Nacht zu Ostersonntag mit mehreren Schüssen von hinten tötete. „Es darf nicht sein, dass eine benachbarte Polizeidienststelle – wie in Delmenhorst – über die Polizei in Oldenburg entscheidet“, sagte Kreitlow.

Die Bodycams der eingesetzten Beamten waren offenbar nicht eingeschaltet. „Wenn die Technik da ist, sollte man sie auch einsetzen“, sagte Kreitlow. Außerdem setzt sich der Jugendverband für eine unabhängige Ermittlungsstelle sowie einen unabhängigen Polizeibeauftragten ein. Alle vier Maßnahmen seien noch in dieser Legislatur umsetzbar.

Debatte über Vertrauen und Reformen

Die Grüne Jugend will keine Pauschalkritik an der Polizei, sondern eine sachliche Debatte über strukturelle Probleme. „Warum gibt es in Teilen der Bevölkerung Angst oder Misstrauen gegenüber der Polizei? Und was muss passieren, damit die Polizei Vertrauen zurückgewinnt?“, fragte Kluge.

Die Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ spricht von strukturellen Problemen bei der Polizei. Der Tod des 21-Jährigen sei kein Einzelfall, kritisiert die Initiative. Polizeigewalt richte sich insbesondere gegen Schwarze wie Lorenz, aber auch gegen Geflüchtete, psychisch Kranke und Menschen in Armut. „Immer wieder bleiben solche Einsätze ohne strafrechtliche Konsequenzen, Ermittlungen verlaufen im Sande, strukturelle Fragen bleiben unbeantwortet.“

Hunderte Menschen demonstrieren gegen Polizeigewalt

Rund 500 Menschen machten am Sonntag ihren Ärger in Oldenburg Luft. Die Demonstranten zogen mit Plakaten durch die Innenstadt und riefen „Lorenz, das war Mord! Widerstand an jedem Ort“ oder „Widerstand überall – Lorenz war kein Einzelfall“. Die Kundgebung verlief nach Angaben der Polizei friedlich.

Auch in vielen anderen Städten wurde anlässlich des bundesweiten Aktionstags gegen rassistische Polizeigewalt zu Demonstrationen und Mahnwachen aufgerufen – etwa in Berlin, Hamburg, Kiel, Leipzig, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Heidelberg, Augsburg und Kempten.

Polizeigewerkschaften sehen keinen Reformbedarf

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Niedersachsen sieht hingegen keinen Bedarf für Reformen. Schon jetzt könne bei Fehlverhalten intern nachvollzogen werden, wer im Einsatz war, meint Landeschef Patrick Seegers. Eine Kennzeichnungspflicht sei überflüssig und eine verpflichtende Bodycam-Nutzung rechtlich schwierig. 

Auch eine unabhängige Ermittlungsstelle lehnt Seegers ab, weil sie aus seiner Sicht das Prinzip der Gewaltenteilung untergrabe. Einen Polizeibeauftragten hält er für unnötig – die bestehenden Strukturen reichten aus.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Niedersachsen äußerte sich kritisch. Eine individuelle Kennzeichnung sei Symbolpolitik und schaffe zusätzliche Bürokratie, sagte Landeschef Kevin Komolka. In geschlossenen Einsätzen gebe es bereits anonymisierte Kennzeichnungen, mit denen Einsatzkräfte identifizierbar seien.

Die Bodycam-Pflicht unterstützt die GdP grundsätzlich – fordert aber mehr rechtliche Möglichkeiten, etwa für Aufnahmen in Wohnungen. Für Ermittlungen sei die Staatsanwaltschaft zuständig. Einen Polizeibeauftragten hält Komolka ebenfalls für überflüssig – es gebe bereits ein Beschwerdemanagement im Innenministerium.

Land verweist auf Koalitionsvertrag und rechtliche Hürden

Das Innenministerium sieht bei den Forderungen teils politische, teils rechtliche Hürden. Eine Kennzeichnungspflicht sei im Koalitionsvertrag vereinbart, bislang aber nicht umgesetzt. Bei Bodycams verwies das Ministerium auf Persönlichkeitsrechte und rechtliche Grenzen – eine automatische Aufzeichnung werde geprüft, sei aber rechtlich komplex. Eine unabhängige Ermittlungsstelle sei nicht nötig, da die Strafverfolgung bereits gesetzlich geregelt sei. Ein Polizeibeauftragter sei Sache des Landtags.

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