
Seit 2020 läuft ein Provenienzforschungsprojekt an der Unibibliothek in Frankfurt. Es soll nicht nur NS-Raubgut nachweisen, sondern auch Lösungen für eine Rückgabe oder Entschädigung finden.
Bei einem Forschungsprojekt an der Universitätsbibliothek Frankfurt ist mehr NS-Raubgut gefunden worden als zuvor erwartet worden war. Seit 2020 werden die Bestände auf Bücher hin untersucht, die ihren Eigentümern während der NS-Zeit unrechtmäßig entzogen wurden. Ziel des von der Unibibliothek initiierten Projekts sei nicht nur, NS-Raubgut nachzuweisen, sondern auch Lösungen für eine Rückgabe oder Entschädigung zu finden, teilten die Goethe-Universität und die Stadt Frankfurt gemeinsam mit. „Die Provenienzforschung muss weitergehen, auch um rechtmäßige Besitzer ermitteln und die Exponate restituieren zu können.“
Laut den Angaben wurde bei mehr als 75.000 Büchern versucht, die Herkunft nachzuzeichnen – unter anderem anhand von Stempeln und Vermerken. „Dabei wurden rund 7.500 Bücher entdeckt, die sich 350 unterschiedlichen Vorbesitzern zuordnen lassen und bei welchen ein unrechtmäßiger Entzug wahrscheinlich ist“, hieß es.
Präsident: Die Universität stellt sich ihrer Geschichte
„Die Universität stellt sich ihrer Geschichte. Die wissenschaftliche Untersuchung der Bibliotheksbestände ist ein wichtiger Bestandteil dieser Aufgabe. Nach moralischen Gesichtspunkten verjährt das in der NS-Zeit begangene Unrecht nicht“, erklärte der Präsident der Goethe-Universität, Enrico Schleiff. Deshalb habe die Bibliothek vor fünf Jahren das erste große Provenienzforschungsprojekt auf den Weg gebracht. „Dass diese Aufgabe nun so viel umfangreicher sein wird als erwartet, stellt uns vor große Herausforderungen.“
Das Vorhaben wurde durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg gefördert und zusätzlich von der Stadt Frankfurt unterstützt, die Eigentümerin vieler Bücher der früheren Stadt- und Universitätsbibliothek ist. „Die schiere Menge der geraubten Bücher in den gemeinsamen Beständen von Universität und Stadt ist bestürzend, die systematische Erforschung überfällig. Das nun abgeschlossene Projekt stellt einen ersten Schritt dar“, erklärte Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD).
Zweites Provenienzforschungsprojekts folgt
Ein zweites Provenienzforschungsprojekt, das nun folgt, verlagert seinen Schwerpunkt auf neue Bestandsgruppen: Im Fokus stehen diesmal alte, seltene und wertvolle Drucke aus dem 16. bis 20. Jahrhundert.