
Wenn ein katholischer Priester Kinder sexuell missbraucht, können die Opfer dann Schmerzensgeld vom jeweiligen Bistum verlangen? Um diese Frage ging es in einem viel beachteten Prozess in Köln.
Das Landgericht Köln hat eine Klage einer Missbrauchs-Betroffenen auf 830.000 Euro Schmerzensgeld gegen das Erzbistum Köln abgewiesen. Die heute 58 Jahre alte Frau war in ihrer Kindheit von einem Priester als dessen Pflegetochter schwer sexuell missbraucht worden. Der Priester wurde 2022 zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Nach der Entscheidung des Landgerichts kann das Erzbistum Köln dafür aber nicht haftbar gemacht werden. Der Priester habe „mehr oder weniger als Privatperson“ gehandelt und nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes, hieß es in der Urteilsbegründung. Zudem gebe es keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten des Erzbistums.
Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ zeigte sich nach der Verkündigung der Gerichtsentscheidung „entsetzt“. „Dieses Urteil ist ein Schlag für alle Betroffenen, die ihre Hoffnungen in den Rechtsstaat gesetzt haben“, sagte Katsch der Deutschen Presse-Agentur. Das Urteil zeuge von völliger Unkenntnis davon, wie umfassend die katholische Kirche das Priesteramt verstehe – oder aber es zeuge von „Voreingenommenheit für diese alte, ehrwürdige Institution hier in Köln„. Er sei „ziemlich sauer über diese Argumentation und auch über die Kaltschnäuzigkeit in der Begründung“, so Katsch.
Rechtsanwalt Eberhard Luetjohann, der die Klägerin vertritt, sagte, von dem Urteil gehe eine fatale Botschaft aus: „Ein Priester kann sich quasi in voller Montur im Kölner Dom eine Touristin schnappen, nach hinten gehen und sie hinter dem Schrein der Heiligen Drei Könige vergewaltigen, und anschließend sagen: „Das habe ich in meiner Privatzeit gemacht“.“ Ob man gegen das Urteil beim Oberlandesgericht Köln Berufung einlegen werde, sei noch nicht entschieden, so Luetjohann.