
Für die Bürger von Paris ist es das erste erlaubte öffentliche Schwimmen in der Seine seit mehr als hundert Jahren: Am Samstag stiegen und sprangen Menschen im Zentrum der französischen Hauptstadt unter dem Blick der Bademeister und bei einer Wassertemperatur von rund 25 Grad in die drei neu eröffneten Flussbäder. Die Eröffnung der Schwimmstellen war den Parisern im Vorfeld der Olympischen Spiele 2024 versprochen worden, die Stadt investierte eine Milliardensumme in die Verbesserung der Wasserqualität.
Die insgesamt drei abgegrenzten Flussbäder in der französischen Hauptstadt sind fortan gratis für die Öffentlichkeit zugänglich, eine davon ganz in der Nähe des Eiffelturms. Die Wasserqualität wird ständig überprüft. Im Fall einer Verschlechterung wird der Badebetrieb eingestellt. In dieser Badesaison sollen die Badestellen bis 31. August geöffnet bleiben.
Unter den ersten Badegästen an der Badestelle Bercy war am Samstagmorgen die 95-jährige Pariserin Ingrid, die in Begleitung ihrer Enkelin zum Schwimmen kam. „Ich bin so glücklich! Seit Jahren träume ich davon, in der Seine zu schwimmen“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP und stieg vorsichtig die Leiter ins klare Wasser hinab.
Vor dem Baden müssen alle Gäste zur Sicherheit einen gelben Schwimmkörper mit einem Gürtel an der Taille befestigen. Die Wassertiefe beträgt durchschnittlich 3,50 Meter, jeder Badegast muss – zumindest theoretisch – vor dem Baden seine Schwimmfertigkeiten nachweisen.
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hatte sich dafür eingesetzt, die Seine bis zu den Olympischen Spielen 2024 soweit zu säubern, dass ein Teil der Wettbewerbe im Fluss stattfinden konnte. Damit bekommt Paris einen weiteren Ort der Abkühlung, was Einwohner und Touristen angesichts der zunehmenden Hitzewellen zu schätzen wissen dürften. Hidalgo strebt insgesamt die Öffnung von 30 Badestellen an.
Der Staat hatte für die Reinigung des Flusses etwa 1,4 Milliarden Euro investiert, unter anderem, um zahlreiche Haushalte flussaufwärts an die Kanalisation anzuschließen.
Zur Wasserqualität erklärte der Präfekt der Hauptstadtregion Île-de-France, Marc Guillaume, diese sei „ausgezeichnet“. Sowohl bei den Escherichia-coli- als auch bei den Enterokokken-Bakterien seien die Messwerte derzeit deutlich unter den Grenzwerten. Die Behörden überwachen die Werte kontinuierlich. Die Badegäste sollen in diesem Jahr mit grünen, gelben oder roten Fahnen darüber informiert werden, ob das Flussbaden uneingeschränkt oder eingeschränkt empfohlen wird – oder verboten.
Zur Eröffnung der Schwimmstätten besuchte Hidalgo mit Sportministerin Marie Barsacq die Badestelle gegenüber der Flussinsel Saint-Louis. Barsacq sagte, mit der Eröffnung der offiziellen und kontrollierten Flussbäder werde zudem das illegale Baden an gefährlichen Stellen in der Seine „vermieden“.
Die Behörden warnen jedoch vor den Gefahren, die selbst an den kontrollierten Badestellen drohen könnten: Ein Fluss bleibt ein lebendiges Gewässer, durch Schlamm und Wasserpflanzen am Flussbett, Strömungen und mögliche Unterkühlung besteht weiterhin ein Restrisiko.
Das Baden in der Seine war 1923 wegen des zunehmenden Schiffsverkehrs grundsätzlich verboten worden. Mit der Eröffnung der neuen Schwimmstätten löste die sozialistische Bürgermeisterin Hidalgo mit gut drei Jahrzehnten Verspätung ein Versprechen eines ihrer Amtsvorgänger ein: Der spätere Präsident Jacques Chirac kündigte 1988 als Hauptstadtbürgermeister an, fünf Jahre später in der Seine baden zu wollen.