
Ein mutmaßliches Verbrechen aus der afghanischen Provinz Kandahar landet vor dem Hanauer Landgericht. Angeklagt ist ein 69-Jähriger.
Ein mutmaßlicher Brudermord in Afghanistan wird demnächst das Landgericht Hanau beschäftigen. Gegen einen 69-Jährigen, der seit Januar in Untersuchungshaft sitzt, wird vom 17. Juli an wegen einer Mordanklage verhandelt, wie Landgericht und Staatsanwaltschaft auf Anfrage mitteilten.
Dem Afghanen, der zuletzt in Hanau wohnte, wird vorgeworfen, im Oktober 2015 in der afghanischen Provinz Kandahar seinen Bruder durch einen Kopfschuss mit einem Schrotgewehr getötet zu haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft geht die Anklage von den beiden Mordmerkmalen Heimtücke und niedrige Beweggründe aus. Der Mann bestreitet das Verbrechen.
Ausnahmeregelung im Strafgesetzbuch
Auf die Spur des Mannes sind die Ermittler den Angaben zufolge durch eine Anzeige gekommen, die in Deutschland gestellt worden sei. Nach einjähriger Ermittlungsarbeit sei ein Haftbefehl vollstreckt worden. Zudem soll sich ein Augenzeuge der Tat ebenfalls in Deutschland aufhalten.
Der Prozess wird nach Justizangaben durch eine Ausnahmeregelung im Strafgesetzbuch möglich. Üblicherweise werden Vergehen und Verbrechen an den für die jeweiligen Tatorte zuständigen Gerichten angeklagt und verhandelt. Seit der Machtübernahme der Taliban sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Afghanistan aber stark eingeschränkt. Es handele sich um eine „stellvertretende Strafrechtspflege“, erklärte Staatsanwältin Lisa Urff auf Anfrage.