
Zur geplanten Erdgasförderung vor Borkum gehen die Ansichten in der niedersächsischen Landesregierung auseinander. Das wird in Interviews des Ministerpräsidenten und des Umweltministers deutlich.
Die niedersächsische Landesregierung ist in der Bewertung der umstrittenen Gasförderpläne vor Borkum uneins. Während Ministerpräsident Olaf Lies (SPD) eine Förderung befürwortet, wenn Umwelt- und Naturschutzauflagen beachtet werden, lehnt sein Umweltminister Christian Meyer (Grüne) diese weiterhin ab.
Aus seiner Sicht sei die Gasförderung zur Sicherung der Versorgung notwendig, sagte Lies im Interview mit dem Deutschlandfunk. Auch wenn es im Moment keine Gasmangellage mehr gebe, sei Deutschland weiterhin abhängig von Gasimporten aus Norwegen, die über Pipelines nach Deutschland kämen: „Wir sind in einer Abhängigkeit, dass dort technische Probleme oder Anschläge zu Problemen führen können.“
Kritik von Umweltminister Meyer
Demgegenüber kritisierte Meyer in einem Interview mit NDR Info eine Entscheidung des Bundeskabinetts für ein Wirtschaftsabkommen mit den Niederlanden zur Gasförderung im Grenzgebiet der Nordsee vor Borkum. Diese sei „ziemlich verfrüht“. Der Schritt stehe im Widerspruch mit der Feststellung der Bundeswirtschaftsministerin aus dieser Woche, es bestehe keine Gasmangellage mehr.
Meyer verwies auf die Gefahren, die sich für das benachbarte Weltnaturerbe Wattenmeer ergeben könnten. So könnten bei Havarien Schadstoffe in den geschützten Bereich gelangen. Auch Absenkungen des Meeresbodens hätten Auswirkungen auf die Umwelt. „Wir haben Sorgen um die Umwelt, und natürlich passt das nicht mit den Klimazielen zusammen“, betonte Meyer.
Lies: Umweltbeeinträchtigungen ausgleichen
Für Ministerpräsident Lies schließen sich hingegen Gasförderung und die Belange des Umweltschutzes nicht grundsätzlich aus. „Wenn es Schäden an Umwelt und Natur gibt, dann gibt es keine Gasbohrung“, sagte er in dem Interview. Dennoch müsse geprüft werden, ob Umweltbeeinträchtigungen nicht ausgeglichen werden könnten. So müssten etwa künstliche Riffe geschaffen werden, weil die natürlichen Riffe bei dem Projekt zu stark geschädigt würden.
Offen ließ der Ministerpräsident, ob Niedersachsen im Bundesrat dem Gasförderabkommen mit den Niederlanden zustimmen werde. Die Landesregierung wolle sich erst das Abkommen ansehen und dann entscheiden, sagte Lies.
Inselbürgermeister kritisiert Bundesregierung
Gegen die umstrittenen Gasförderpläne des niederländischen Energiekonzerns One-Dyas hat Borkum zusammen mit Umweltschutzverbänden und der Nachbarinsel Juist geklagt. Borkums Bürgermeister Jürgen Akkermann (parteilos) kritisierte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD), der in einer Mitteilung gesagt hatte, dass es keine Gasförderung mehr in Schutzgebieten geben sollte, weil die Belastungen der Meere schon sehr hoch seien.
„Aus unserer Sicht sind neue Förderstätten für fossile Energien mit dieser Feststellung unvereinbar“, sagte Akkermann. Die Beschränkung, Förderplattformen allein außerhalb von Schutzgebieten zu erlauben, sei bei näherer Betrachtung kein Erfolg für den Meeresschutz.
Die Insel Borkum ist nach eigenen Angaben an vier Gerichtsverfahren vor deutschen und niederländischen Gerichten beteiligt. Entscheidungen gibt es noch nicht.