Maskenaffäre: Grüne und Linke machen Druck: SPD soll U-Ausschuss zu Spahn zustimmen

  • Juli 6, 2025

Die Maskenaffäre von Jens Spahn spitzt sich zu. Nun fordern Grüne und Linke die SPD auf, den Weg für einen Untersuchungsausschuss frei zu machen. Der CDU-Politiker bleibt gelassen.

In der Maskenaffäre erhöhen die Grünen und die Linke im Bundestag den Druck auf die SPD, den Weg für einen Untersuchungsausschuss frei zu machen. Für die Einsetzung eines solchen fehle „allein die Zusage der SPD“, sagte Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, dem stern. Wer Transparenz ernst meine, dürfe sich jetzt nicht hinter Ausreden verstecken. „Verweigert die SPD ihre Stimmen, stellt sie sich schützend vor Jens Spahn und gegen das Minderheitenrecht des Parlaments.“

Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Heidi Reichinnek, sagte dem stern: „Es sollte selbstverständlich sein, nachdem diese fragwürdigen Deals mutmaßlich einen Milliardenschaden angerichtet haben, die Verantwortung dafür zu übernehmen und die Einsetzung des Untersuchungsausschuss zu unterstützen.“ Wenn die Union dazu nicht bereit sei, „ist die SPD gefragt, das Richtige zu tun, um wenigstens durch echte Aufarbeitung weiteren Vertrauensverlust in die Politik abzuwenden.“

Maskenaffäre: Ungeschwärzte Version des Berichts wurde öffentlich

Jens Spahn selbst sieht einem möglichen Untersuchungsausschuss zur Maskenaffäre gelassen entgegen. Auf die Frage, ob er Angst vor einem solchen Ausschuss habe, antwortete der Unions-Fraktionschef gegenüber dem stern mit: „Nein.“ Eine Enquete sei allerdings „der bessere Weg zur Aufarbeitung und gesellschaftlichen Befriedung“, betonte der CDU-Politiker. „Wir haben in der damaligen Koalition Deutschland gut durch diese schwere Zeit geführt. Dafür müssen wir uns nicht in den Staub werfen.“

Spahn beklagte bösartige Vorwürfe in der Debatte um seine Person. „Ich wünsche mir, dass mein Handeln im Kontext der damaligen Notlage bewertet wird. Wir waren völlig unvorbereitet“, sagte er. „Stattdessen werden nun, fünf Jahre später, Maßstäbe angelegt, als hätte es gar keine Jahrhundertpandemie gegeben und bösartig Vorwürfe konstruiert. Wir müssen diese Pandemie aufarbeiten, ja. Die Wunden im Land sind aber nicht die Masken, sondern, Impfpflicht, Schulschließungen, Freiheitseinschränkungen.“

Die Diskussion um das Vorgehen des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn bei der Beschaffung von Schutzmasken während der Corona-Pandemie hat jüngst eine neue Dynamik erhalten. Fest steht, dass das Gesundheitsministerium damals zu viele Masken gekauft hat, zu einem verhältnismäßig hohen Preis. Der Großteil davon wurde am Ende nicht gebraucht. Bis heute klagen Dutzende Maskenlieferanten gegen den Bund, was letzteren noch Milliarden Steuerzahlergeld kosten könnte.

Durch die Recherchen mehrerer Medien wurde nun die ungeschwärzte Version eines Untersuchungsberichts in der Sache öffentlich. Dieser war von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken, eine Parteikollegin Spahns, zunächst zurückgehalten worden, bevor sie diesen nur mit teils umfangreichen Schwärzungen an den Haushaltsausschuss des Bundestags weiterleitete. Die Schwärzungen begründet das Ministerium mit dem angeblichen Schutz von Mitarbeitern und Geschäftsgeheimnissen der beteiligten Firmen. Auch dem stern liegt die ungeschwärzte Version des Berichts vor, aus der nun auch deutlich wird, wie intensiv Spahn bei den Beschaffungsentscheidungen beteiligt und informiert war.

Für die Grünen ist klar: Die neuen Erkenntnisse aus dem ungeschwärzten Sudhof-Bericht legten „ein Geflecht aus Lobby-Provisionen und ministeriellen Fehlentscheidungen offen“, sagte Mihalic. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass Gesundheitsministerin Warken gezielt Passagen geschwärzt hat, um Jens Spahns Verstrickungen zu kaschieren.“ Das lasse sich nur in einem Untersuchungsausschuss restlos aufklären.

Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gilt als das schärfste Schwert der Opposition, er kann Missstände und Fehlverhalten prüfen, indem er Zeugen vernehmen und sich Akten vorlegen lassen kann. Das Problem von Grünen und Linken: Sie kommen gemeinsam nicht auf genügend Stimmen, ein Viertel aller Abgeordneten braucht es, um einen U-Ausschuss einzusetzen. Da beide es ausschließen, dafür auf Stimmen der AfD zu setzen, müssten Union oder SPD dem ebenfalls zustimmen. 

Union hält zu Spahn

Dass sich die Union darauf einlässt, dürfte ausgeschlossen sein – sie verteidigt ihren Fraktionsvorsitzenden vehement, und argumentiert, dass es sich damals um eine Ausnahmesituation während einer Pandemie gehandelt habe. Zudem unterstellt sie der Sonderermittlerin Margaretha Sudhof, Juristin und SPD-Mitglied, eine parteipolitische Motivation bei der Erstellung des Untersuchungsberichts. Auch Jens Spahn selbst weist die Vorwürfe zurück und schließt seinen Rücktritt aus. „Dafür, dass wir dieses Land sicher durch die schwere Zeit gebracht haben, werde ich mich nicht in den Staub werfen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. 

Bleibt Grünen und Linken nur die an der Regierung beteiligte SPD, die sich zunächst nicht gegen den Unionsfraktionschef stellen wollte. Am Sonntag aber betonte SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar, dass es „noch unbeantwortete Fragen“ gebe und eine „vollständige Aufklärung erforderlich“ sei. „Sollte sich zeigen, dass Schwärzungen in den Unterlagen über den Persönlichkeitsschutz hinaus parteipolitisch motiviert sind, muss das mit der gebotenen Ernsthaftigkeit geprüft und bewertet werden“, sagte sie der „Rheinischen Post“.

Auch in dieser Woche könnte es nochmals neue Erkenntnisse in der Sache geben: Im Bundestag finden am Dienstag und am Donnerstag erneut Sondersitzungen des Haushalts- und des Gesundheitsausschusses statt. Nachdem zuletzt Spahn und Warken dort Fragen der Abgeordneten beantworteten, ist nun die Sonderermittlerin Sudhof eingeladen. Es sei gut, dass Sudhof im Ausschuss „nochmal ihre Sicht auf die persönliche Rolle Spahns“ erläutern werde, sagte Linken-Politikerin Reichinnek. „Die Bevölkerung erwartet zurecht dringend Aufklärung und Transparenz.“

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