
Knapp sechs Wochen nach der Verurteilung des pädokriminellen Chirurgen Joël Le Scouarnec ist dessen Anwalt tot aufgefunden worden. Es deute alles auf einen Suizid hin, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Rennes mit. Der 34 Jahre alte Anwalt hinterlasse eine Familie mit zwei kleinen Kindern, sagte eine Anwaltskollegin. Maxime Tessier hatte während des Prozesses gegen Le Scouarnec Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Der 74 Jahre ehemalige Chirurg hatte pauschal gestanden, 299 zumeist minderjährige Patienten missbraucht oder vergewaltigt zu haben. Er wurde zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilt. Der Prozess war für die Betroffenen zermürbend, da der Angeklagte keinerlei Reue oder Empathie zeigte. Seine Bitten um Verzeihung wiederholte er mechanisch, ohne erkennbare Gefühlsregung.
Dem Mediziner wurden 111 Vergewaltigungen und 189 sexuelle Übergriffe zur Last gelegt. Seine Opfer waren im Schnitt elf Jahre alt. Wie der Mediziner in seinen Tagebüchern notierte, verging er sich über 25 Jahre hinweg bei seiner Arbeit in verschiedenen Krankenhäusern an Jungen und Mädchen unter dem Vorwand von Untersuchungen oder während sie unter Narkose standen.
Le Scouarnec war bereits 2004 wegen Besitzes von Kinderpornografie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Dies hatte seiner Karriere jedoch nicht geschadet. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass es noch weitere Opfer gibt und hat neue Ermittlungen aufgenommen.