Wirtschaftswachstum: Wachstumsmotor oder „Realsatire“ – Wüst weist Kritik zurück

  • Juli 10, 2025

Außer Spesen nichts gewesen? Elf Vorstandschefs der wichtigsten NRW-Unternehmen waren kürzlich mit Ministerpräsident Wüst zu Besuch in Brüssel. Die Opposition fragt nach konkreten Ergebnissen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat Kritik der Opposition an seiner Reise mit den wichtigsten Unternehmenschefs des Landes zur EU-Kommission entschieden zurückgewiesen. Die NRW-Wirtschaft sei besonders exportorientiert. Daher sei es für die Industrie ganz besonders wichtig, dass in Berlin und Brüssel die richtigen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen geschaffen würden, sagte Wüst in einer Aktuellen Stunde des Landtags. 

„Wo immer zentrale wirtschaftspolitische Weichenstellungen getroffen werden, muss unsere Stimme aus Nordrhein-Westfalen gehört werden“, sagte Wüst. In den Unternehmen der an dem Gespräch mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beteiligten Vorstandschefs arbeiteten fast 1,5 Millionen Menschen. In Brüssel sei es um die Zukunft der Branchen Chemie, Auto, Energie, Logistik, Transport, um sichere Arbeitsplätze und die Existenzgrundlage vieler Familien gegangen. 

NRW-Stimme hat in Brüssel Gewicht

Die Wirtschaftskraft von NRW liege 20 Prozent über dem EU-Durchschnitt. 22 Prozent aller deutschen Exporte in die EU kämen aus NRW. Kaum ein Ort in Europa verbinde Märkte so effizient wie NRW dank seiner Häfen, Verkehrswege und digitalen Netze. „Nordrhein-Westfalen ist das wirtschaftliche Kraftzentrum Europas“, sagte Wüst. „Deswegen hat unsere Stimme auch in Brüssel Gewicht.“

Die Vorstandvorsitzenden hätten von der Leyen deutlich erläutert, „an welchen Stellen es konkret hakt“. In einem gemeinsamen Impulspapier hätten sie die Erwartungen des Industrielandes NRW an die EU deutlich gemacht. Es seien weitere Gespräche mit der EU-Kommission vereinbart worden. Im Übrigen habe NRW auch zentrale Forderungen im schwarz-grünen Koalitionsvertrag in Berlin verankert. Wenn wir das Gewicht des Industrielandes Nordrhein-Westfalen in die Waagschale werfen, dann bewegen wir auch was.“ 

Opposition spricht von „Realsatire“

Zuvor hatten Redner von SPD und FDP der schwarz-grünen Landesregierung eine verzerrte Wahrnehmung der wirtschaftlichen Realität vorgeworfen. Wüst sei mit großem Tross nach Brüssel gereist und habe sich mit Konzernchefs fotografieren lassen, sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne. Er habe NRW zum „Wirtschaftsmotor Europas“ erklärt. 

In Wirklichkeit sei die Wirtschaftskraft 2024 nicht gewachsen, sondern geschrumpft. Für das laufende Jahr erwarteten Ökonomen EU-weit ein Wachstum von 1,1 Prozent, für NRW nur ein Plus von 0,1 Prozent. „Wer da von einem „Wirtschaftsmotor NRW“ spricht, streut den Menschen Sand in die Augen“, sagte Höne. „NRW ist leider nicht Wachstumsmotor. NRW ist unter dieser Regierung der Bremsklotz Deutschlands.“ Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Alexander Vogt sagte, es grenze an „Realsatire“ und es sei „PR-Sprech“, von NRW als Wachstumsmotor in Europa zu sprechen.

„Nörgeliger Antrag“

Jan Heinisch von der CDU sagte, die Landesregierung hätte eigentlich den Dank der FDP für ihren Einsatz in Brüssel verdient – und „keinen nörgeligen Antrag“. Die Unternehmer jedenfalls hätten das verstanden. Sie wüssten, dass man die politische Chance nutzen müsse, um die Spitze der EU-Kommission von ihren Anliegen zu überzeugen.

Der SPD-Abgeordnete André Stinka sagte: „Sie sind die schwarz-grüne Schlusslaterne in ganz Europa.“ Die Liste der Jobverluste in NRW ziehe sich wie ein roter Faden durch alle Branchen im Land. Die Wasserstoffinfrastruktur in NRW sei ein „Paradebeispiel für Ankündigungspolitik ohne Substanz.“ Unternehmen berichteten nach wie vor von fehlender Planungssicherheit und fehlender Unterstützung. 

Die AfD warf allen Parteien, die in Bund und Land an der Regierung waren und sind vor, mit ihrer Energiepolitik Deutschlands Industrie, auch in NRW, an den Abgrund gebracht zu haben. 

Neubaur mit 0,1 Prozent Wachstum nicht zufrieden

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne), räumte ein, dass sie mit 0,1 Prozent Wachstum in NRW nicht zufrieden sein könne. Denn das Land sei das „industrielle Herz Europas“ und habe prozentual den höchsten Anteil an energieintensiver Industrie. Gebraucht würden Energiepreise, die die Wettbewerbsfähigkeit „nicht schwächen, sondern herstellen“. Da gebe es auch in der neuen Bundesregierung noch Nachsteuerungsbedarf. Ein erster Schritt sei eingeleitet. Die Bedingungen für Industrie, Wirtschaft und alle Bürgerinnen und Bürger müssten aber noch besser werden, sagte Neubaur.

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte unter Verweis auf knappe Kassen im Kernhaushalt beschlossen, dass die Stromsteuer nicht für alle Betriebe sowie die privaten Haushalte gesenkt werden soll, sondern nur für das produzierende Gewerbe. Daran gibt es breite Kritik auch aus der CDU, unter anderem von Wüst.

Neubaur wunderte sich über die Opposition. Die Liberalen forderten doch immer, die Landesregierung solle sich in Berlin und Brüssel kraftvoll für die nordrhein-westfälischen Interessen einsetzen. „Und dann machen wir es und dann ist es auch wieder nicht richtig.“

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