Psychotherapie im Ahrtal: Lange Wartezeiten auf Therapie belasten Flutopfer im Ahrtal

  • Juli 11, 2025

Die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal jährt sich zum vierten Mal. Vieles ist inzwischen wieder aufgebaut. Aber wie geht es den Menschen?

Vier Jahre nach der Flutkatastrophe im Ahrtal mit 135 Toten fehlen nach Einschätzung von Fachleuten Therapiemöglichkeiten. „Es gibt eine erhebliche Unterversorgung, die Wartezeiten liegen zwischen eineinhalb und zwei Jahren“, sagte Psychotherapeut Andreas Staub der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. 

Zehn zusätzliche Psychotherapeuten-Sitze wären nach seiner Einschätzung nicht zu viel. Staub ist sowohl Mitglied im Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung als auch im Vorstand der Landespsychotherapeutenkammer. 

Depression, Angst und Sucht

Posttraumatische Störungen seien bei den Menschen im Ahrtal zwar zurückgegangen, chronische Depressionen und Angststörungen sowie Suchterkrankungen hätten aber zugenommen, berichtete Staub. 

Als Gründe nannte er die chronische Überlastung der Menschen durch die Zerstörungen und den langwierigen Aufbau sowie Spätfolgen der Pandemie. Viele Menschen im Ahrtal seien nachhaltig verunsichert. 

Die zahlreichen Baustellen und damit verbundene Staus sowie noch immer provisorische Unterbringungen in Containern machten den Menschen zu schaffen. In der trockenen Junihitze seien noch Massen an Staub und Dreck dazu gekommen. „Es ist nach wie vor keine Sicherheit im Lebensgefühl vorhanden“, erläuterte Staub. 

Warten auf Geld ist auch eine psychische Belastung 

Viele Menschen warteten zudem immer noch auf Geld. Sie müssten bei der zuständigen Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) immer wieder neue Gutachten oder andere Formalitäten einreichen, oft für sie nicht nachvollziehbar – und für viele psychisch enorm belastend. 

Der ISB lägen derzeit 4.069 Anträge vollständig vor. Davon seien 3.833 Anträge bewilligt, dies entspreche einer Bewilligungsquote von über 94 Prozent, heißt es im Finanzministerium. Das Volumen belaufe sich auf rund 636 Millionen Euro, davon seien rund 384 Millionen Euro ausgezahlt. „Somit ist der Regelfall eine unproblematische Bewilligung.“ 

Die Überprüfung diene dazu, eine verlässliche Grundlage für einen sachgerechten Wiederaufbau auch im Interesse der Antragstellenden zu finden. „Damit ist kein mehrfaches Anfordern von Gutachten zum gleichen Sachverhalt verbunden, sondern lediglich eine Nachbesserung der aufgezeigten Mängel des eingereichten Gutachtens notwendig.“ Zugleich werde damit stichprobenhaft die Einhaltung der Vorschriften zur Aufbauhilfe und der verantwortungsvolle Umgang mit Steuermitteln sichergestellt. Das persönliche Beratungs- und Unterstützungsangebot für Betroffene werde bis mindestens Ende Juni 2027 fortgesetzt. 

Hoch: Psychosoziale Versorgung ist entscheidend

„Die psychosoziale Versorgung im Ahrtal ist ein entscheidender Baustein für die Bewältigung der Folgen der Flutkatastrophe“, betonte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD). „Sie bietet den Betroffenen Unterstützung, Hoffnung und die Möglichkeit, wieder Stabilität im Alltag zu finden.“

Das Traumahilfezentrum in Grafschaft-Lantershofen, eine bundesweit einmalige Einrichtung, sei für die Bevölkerung im Ahrtal unvermindert wertvoll. „Hier erhalten die Menschen niederschwellig und schnell Hilfe.“ 

Minister Hoch macht sich seit langem für mehr Therapeuten stark

„Bei nachweislichen regionalen Defiziten kann der Zulassungsausschuss des Landes weiteren Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten auf deren Antrag eine Sonderbedarfszulassung erteilen“, ergänzte Hoch. 

Der Gesundheitsminister setzt sich schon seit einigen Jahren im Bund für eine bessere Versorgung mit Psychotherapeuten in Rheinland-Pfalz ein. Jetzt stehe das Ziel einer besseren Bedarfsplanung im Koalitionsvertrag von CDU und SPD.

Außerdem sei vorgesehen, durch niedrigschwellige Online-Beratung in der Psychotherapie und digitale Gesundheitsanwendungen die Prävention und die Versorgung in der Fläche und in Akutsituationen zu verbessern. Es solle auch eine Notversorgung eingeführt werden. Nach Einschätzung Staubs fehlen landesweit rund 200 Sitze für Psychotherapeuten.

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