
Eine 20-Jährige macht sich allein auf den Heimweg. Sie ist stark alkoholisiert. Ein Mann nutzt dies aus. Jetzt ist er verurteilt.
Ein 38-Jähriger ist im Prozess um Vergewaltigung einer bewusstlosen Abiturientin zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann habe die damals 20-Jährige zum Konsum von verschiedenen Drogen animiert und dann ihren desolaten Zustand ausgenutzt, um einseitig sexuelle Handlungen vorzunehmen, stand für das Berliner Landgericht fest. Den Körper der Bewusstlosen habe er mit frauenverachtenden Worten beschriftet – „das Tatbild ist verstörend“, sagte der Vorsitzende Richter Johannes Schwake.
Die Abiturientin lag vor mehr als drei Jahren leblos in der Wohnung des Angeklagten in Berlin-Steglitz. Alarmierte Rettungskräfte stellten einen Herzstillstand fest. Zwölf Minuten lang sei die junge Frau reanimiert worden, so der Richter. Im Krankenhaus hätten Ärzte dann wegen ihres lebensbedrohlichen Zustands entschieden, sie zunächst in ein künstliches Koma zu versetzen. Der 38-Jährige habe den Konsum von Betäubungsmitteln initiiert und gewusst, dass es zur Bewusstlosigkeit kommen kann. Er habe sich deshalb auch der fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht. Die angetrunkene Frau habe die Tragweite und Risiken nicht mehr einschätzen können.
Vergewaltigung gefilmt
Der frühere Geschäftsmann und die Abiturientin waren sich in der Nacht zum 22. April 2022 zufällig an einer Bushaltestelle begegnet. Die damals 20-Jährige kam von einem Treffen mit Freunden und war erheblich alkoholisiert – „sie hatte Liebeskummer“, sagte der Richter. Der Angeklagte habe sie angesprochen, freiwillig habe sie den ihr unbekannten Mann begleitet. Nachdem sie in seiner Wohnung verschiedene Drogen genommen hatten, habe er den Vorsatz gefasst, „sexuelle Handlungen mit oder gegen ihren Willen vorzunehmen“.
Mehrere Videoaufnahmen, die der Angeklagte fertigte, belegen aus Sicht des Gerichts, dass sich der Zustand der jungen Frau zunehmend verschlechterte. Bis die Kombination aus Alkohol und Betäubungsmitteln sie wehrlos gemacht habe. Als sie sich in tiefer Bewusstlosigkeit befand, habe er sie vergewaltigt, gefilmt, ihren Körper erniedrigend beschmiert. Etwa elf Stunden nach ihrem Eintreffen in seiner Wohnung habe der Mann den Rettungsdienst alarmiert.
Richter: „Gravierende Folgen“
Die körperlichen und psychischen Folgen für die junge Frau seien gravierend, hieß es weiter im Urteil. Bis heute leide die inzwischen 23-Jährige, die an das Geschehen in der Wohnung des Angeklagten keine Erinnerung habe, unter Ängsten. Sie habe Probleme, Vertrauen aufzubauen und körperliche Nähe zuzulassen. Die Schule habe sie damals abbrechen müssen.
Die Ermittlungen in dem Fall waren erst mehrere Wochen nach der Tat auf Betreiben der Familie der jungen Frau aufgenommen worden. Polizisten hätten zunächst keinen Anfangsverdacht für eine Straftat gesehen und seien den Angaben des Angeklagten gefolgt, der von einem „Drogen-Unfall“ gesprochen habe, hieß es im Prozess.
In der Anklage wurde dem 38-Jährigen auch schwere Körperverletzung zur Last gelegt. Für Schläge und eine Fesselung gebe es jedoch keine Beweise, so das Gericht. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von sechs Jahren gefordert. Die Verteidiger plädierten auf Freispruch. Der Angeklagte hatte erklärt, sexuelle Handlungen seien einvernehmlich gewesen. Er wurde vor drei Monaten wegen Verdachts der Vergewaltigung einer weiteren Frau im Gerichtssaal festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Gegen ihn liegen inzwischen zwei weitere Anklagen wegen Vergewaltigung vor.