
Zehntausende Menschen feiern im Tiergarten zu lauten Beats. Es fließt Alkohol und Drogen werden genommen. Die Rettungskräfte behandeln auch Schwerverletzte.
Ausgelassene Stimmung im Regen, aber auch viele Verletzte: Zehntausende Techno-Fans haben bei der vierten Ausgabe der Party-Demo „Rave The Planet“ gefeiert. Rettungskräfte behandelten Hunderte Menschen, darunter laut Feuerwehr auch lebensgefährlich Verletzte. Wegen dunkler Wolken und teils heftiger Regenschauer wurde die vierte Ausgabe kurzerhand zu „Rain the Planet“ umgetauft.
Rund 200.000 Menschen aller Generationen waren nach Veranstalterangaben am Samstag bei dem Techno-Spektakel auf der Straße des 17. Juni zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule. Die Polizei zählte gut 100.000 Menschen über den Tag verteilt. Die Behörde sprach trotz der Einsätze von einer „störungsarmen und friedlichen“ Veranstaltung.
Techno-Kultur auch „nachhaltig, inklusiv und verbindend“
Unter dem Motto „The Future is now“ (Die Zukunft ist jetzt) beteiligten sich laut Veranstalter rund 290 Künstlerinnen und Künstler. 35 Wagen – sogenannte Floats – fuhren um die Siegessäule herum und dann zurück zum Wahrzeichen am Pariser Platz.
Die Party-Demo wollte für Frieden, Liebe und für den Schutz der elektronischen Tanzmusikkultur einstehen sowie ein Zeichen gegen Hass und Spaltung setzen. „Unsere Kultur ist nicht nur laut, sie ist auch nachhaltig, inklusiv und verbindend“, erklärte Loveparade-Gründer Dr. Motte, mit bürgerlichem Namen Matthias Roeingh.
Im Vorfeld hatten die Veranstalter zu der Party-Demo wie im Vorjahr rund 300.000 Menschen erwartet. Das regnerische Wetter dämpfte die Erwartungen. Und so blieb auf der Strecke im Tiergarten Platz. Die Veranstalter zeigten sich gleichwohl zufrieden: „Es wird immer voller, wir sind angesichts des Wetters wirklich überwältigt“, sagte der Geschäftsführer von „Rave The Planet“, Timm Zeiss, am Samstagabend der Deutschen Presse-Agentur.
Zahlreiche Einsätze für Sanitäter
Feuerwehr und Sanitätsdienst behandelten viele Menschen. Meist ging es nach Angaben eines Feuerwehrsprechers „um klassische Veranstaltungssymptome“, also alkohol- oder drogenbedingte Probleme. Es habe auch einige Körperverletzungen gegeben. In mehreren Fällen sei es um schwere Verletzungen gegangen, auch lebensbedrohliche Verletzte seien behandelt worden, erklärte der Sprecher.
Helfer der Feuerwehr führten mehr als 50 Transporte in Krankenhäuser durch, wie der Feuerwehrsprecher sagte. „Viele Hundert Patienten“ habe zudem der Sanitätsdienst des Veranstalters behandelt, mit dem die Feuerwehr eng zusammengearbeitet habe. Vom Veranstalter sollten im Tagesverlauf Angaben folgen. Laut Geschäftsführer Zeiss war der Sanitätsdienst wegen der kühleren Temperaturen und der niedrigeren Besucherzahl weniger ausgelastet als im Vorjahr. Nach Informationen der „B.Z.“ versorgte dieser rund 400 Patienten. Im vergangenen Jahr waren es nach damaligen Angaben etwa 600.
Mehr als 50 Festnahmen
Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 54 Menschen kurzzeitig fest, um Personalien festzustellen. Nach derzeitigem Stand seien 45 Straftaten erfasst worden, darunter 7 gefährliche und 11 einfache Körperverletzungen sowie 3 Sexualdelikte, sagte ein Sprecher am Vormittag. In weiteren Fällen ging es unter anderem um Drogenverstöße (7), Taschendiebstähle (5) sowie einen Raubüberfall. In 12 Fällen seien Ordnungswidrigkeiten festgestellt worden. Dabei es vor allem um „fliegende Händler“, die unerlaubt Getränke verkauften.
In einem Fall wurde laut Polizei die Fahrerin eines Demo-Wagens – ein sogenannter Float – ohne Fahrerlaubnis erwischt. Sie fiel demnach auf, nachdem sie einen Ordner mit dem Fahrzeug touchiert hatte und einem anderen über den Fuß gerollt war.
Die Polizei begleitete die Parade nach eigenen Angaben mit etwa 1.000 Beamtinnen und Beamten, darunter auch Polizisten aus Nordrhein-Westfalen. Laut Veranstalter sollten etwa 600 Sicherheitsleute und bis zu 300 Helfer eines Sanitätsdienstes vor Ort sein. Insgesamt 6 Polizisten wurden nach den Angaben verletzt, als sie Menschen festnehmen wollten oder von den Feiernden angegriffen wurden.
Reinigungsaktion im Tiergarten
Im vergangenen Jahr waren rund 300.000 Menschen gekommen. Nach damaligen Angaben der Polizei wurden 122 Menschen kurzzeitig festgenommen. Es wurden 56 Straftaten und 29 Ordnungswidrigkeiten erfasst. 21 Polizeibeamte seien leicht verletzt worden.
Wie die legendären Berliner Techno-Paraden in den 1990er Jahren war der Umzug als Demonstration angemeldet. Die Berliner Technokultur zählt mittlerweile zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland.
Auch Umweltschutz und Müllvermeidung seien Anliegen, sagten die Veranstalter. Am Sonntag gab es erneut eine Reinigungsaktion mit Freiwilligen im Tiergarten, in dem noch viel Müll vom Vorabend lag. Diese sollte effektiver als in den Vorjahren erfolgen durch ein neues Konzept, wie es im Vorfeld hieß. Im vergangenen Jahr waren nach Angaben der Berliner Stadtreinigung (BSR) rund 110 Kubikmeter Müll auf der Demo-Strecke eingesammelt worden.
Weitere Großveranstaltungen in Tempelhof und Westend
Parallel zu dem Techno-Spektakel wurde am Wochenende in Berlin auf dem Olympiagelände in Westend gefeiert: Dort gab es Konzerte beim Lollapalooza-Festival, zu dem Tausende Menschen kamen. Zum Formel-E-Rennen auf dem ehemaligen Flughafengelände in Tempelhof reisten ebenfalls Tausende an. Laut Polizei gab es jeweils keine nennenswerten Vorfälle.
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