
Singles laufen schneller in die Schuldenfalle. Oft ist ein Schicksalsschlag der Auslöser. Die Anfragen nach Hilfe und Beratung nehmen deutlich zu.
Arbeitslosigkeit, eine Trennung, Krankheit oder Sucht: Tiefe Einschnitte im Leben können existenzielle Folgen haben – auch finanziell. Wer in die Schuldenfalle rutscht, bekommt schnell Probleme mit dem Girokonto, eine Energiesperre droht bei fehlenden Zahlungen für Strom und Heizen und der Gerichtsvollzieher kündigt sich an. Dass das keine Einzelfälle sind, berichten die rheinland-pfälzischen Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen: Die Anfragen nach Hilfe und Beratung nehmen deutlich zu.
Die Bandbreite, ab welcher Höhe der Schulden sich die Menschen allein nicht mehr helfen können, ist extrem groß. Im Durchschnitt gehe es um einen Wert von 45.000 Euro, berichten die Expertinnen und Experten der Schuldnerberatung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Rheinland-Pfalz. Die Spanne bei den Beratungen habe im vergangenen Jahr jedoch von rund 1.000 Euro bis zu etwa 400.000 Euro gereicht.
Run auf Beratung
Die Anfragen nach einer Schuldnerberatung bei der DRK ging dabei massiv nach oben: Bis Ende Juni des laufenden Jahres seien bereits über 48 Prozent mehr Anfragen nach einer Schuldnerberatung verzeichnen worden als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Bei den Insolvenzanträgen sei die Zahl des gesamten Vorjahres in diesem Zeitraum bereits um 20 Prozent überschritten worden.
Dass nicht nur das Deutsche Rote Kreuz von dieser Entwicklung betroffen ist, belegen Daten des Sozialministeriums für Rheinland-Pfalz: Demnach ist die Zahl der Beratungsfälle in den rheinland-pfälzischen Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen um rund 1.600 auf mehr als 23.700 im vergangenen Jahr gestiegen. 2022 lag der Wert noch bei rund 21.600 Beratungsfällen.
Mehr Singles betroffen
Singles suchen dabei bundesweit häufiger Hilfe bei Schuldnerberatungsstellen als andere Bevölkerungsgruppen. Mehr als jede zweite ratsuchende Person lebte laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr allein in einem Haushalt. Menschen im Alter zwischen 25 und 65 Jahren bilden dabei die Altersgruppe, welche die Beratungsstellen am häufigsten aufsuchen. Diese bundesweite Entwicklung trifft auch auf Rheinland-Pfalz zu.
Mit zunehmendem Alter steigt nach Angaben der Statistiker auch der durchschnittliche Schuldenberg an. Bei den unter 25-Jährigen betrugen die durchschnittlichen Verbindlichkeiten 11.269 Euro, bei Menschen ab 65 Jahren 46.847 Euro. Während die Jüngeren demnach vor allem bei Telekommunikationsunternehmen in der Kreide stehen, überwiegen bei den Älteren Bankkredite.
Zwei Jahre von Beratungsbeginn bis Beratungsende
62 anerkannten und 55 geförderten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen gibt es nach Angaben des Sozialministeriums derzeit in allen Landkreisen und kreisfreien Städten in Rheinland-Pfalz. Die Landesmittel für diese Einrichtungen wurden von 2,75 Millionen im Vorjahr auf rund drei Millionen Euro im laufenden Jahr erhöht.
Im Durchschnitt beträgt die Wartezeit für einen Ersttermin in der Schuldner- und Insolvenzberatung in Rheinland-Pfalz etwas mehr als vier Monate, berichtet Sozialministerin Dörte Schall (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion.
Die eigentliche Betreuung bei den Expertinnen und Experten dauert deutlich länger: Die Fachleute der DRK-Schuldnerberatung gehen durchschnittlich von einer Zeit von etwa zwei Jahren von Beratungsbeginn bis Beratungsende aus. Den Anteil der Menschen, die es nach einem Beratungsgespräch mit Experten schaffen, aus der Schuldenfalle zu kommen, schätzt die Liga der Freien Wohlfahrtspflege auf rund 70 Prozent.
Tipps zur Vermeidung der Schuldenfalle
Die Verbraucherzentrale in Rheinland-Pfalz ist zwar keine anerkannte Schuldnerberatungsstelle – die Expertinnen und Experten bieten Ratsuchenden jedoch eine Telefon-Hotline zur Erstberatung zum Thema Geld und Finanzen an. Bei dieser ersten Anlaufstelle werden allgemeine Informationen zum Thema Überschuldung gegeben und konkrete Einzelfragen beantwortet.
Betroffenen mit Geldsorgen werden auf der Internetseite der Verbraucherzentrale zudem vielfältige Informationen zum Thema Auskommen mit dem Einkommen geboten, berichtet eine Sprecherin. „Damit es bestenfalls gar nicht erst so weit kommt.“