
Die Stadt Hanau will den Streit um die Einwohnerzahl gerichtlich klären lassen. Es geht um viel Geld.
Im Streit um die Frage der Einwohnerzahl zieht die Stadt Hanau gegen das Land Hessen vor Gericht. Beim Verwaltungsgericht Frankfurt sei form- und fristgerecht Klage eingereicht worden, teilte die Stadt mit. Diese richte sich gegen das Land Hessen, vertreten durch das Statistische Landesamt (HSL), das im Rahmen des Zensus 2022 eine deutlich geringere Einwohnerzahl für Hanau festgestellt habe, als sie das städtische Melderegister ausweise.
Bereits im Dezember vergangenen Jahres hatte die Stadt gegen den entsprechenden Bescheid Widerspruch eingelegt. Die nun vorliegende Zurückweisung des Widerspruchs habe die Stadt nicht überzeugt – im Gegenteil, hieß es: „Auch die Begründung wirft neue Fragen auf, die bislang unbeantwortet geblieben sind. Wir wollen, dass diese nun gerichtlich geklärt werden“, erklärte Hanaus Bürgermeister Maximilian Bieri (SPD). „Die statistische Reduzierung unserer Einwohnerzahl akzeptieren wir nicht.“
Das Statistische Landesamt in Wiesbaden hatte wiederholt erklärt, dass das im Zensus angewandte statistische Verfahren wissenschaftlich fundiert und vom Bundesverfassungsgericht bestätigt sei. Es hätten sich „keinerlei Hinweise auf Fehler bei der Ermittlung der Bevölkerungszahlen ergeben“.
Aus Hanau hieß es, das Statistische Landesamt habe die Einwohnerzahl der Stadt zum Zensus-Stichtag 15. Mai 2022 mit 93.632 Personen beziffert. Das städtische Melderegister habe jedoch für denselben Zeitpunkt 102.943 Personen ausgewiesen – eine Differenz von 9.311 Menschen. Auch zwischen der HSL-internen Fortschreibung und den Hanauer Melderegister-Daten ergäben sich deutliche Abweichungen. Zum 30. April dieses Jahres hatte die Stadt laut Melderegister bereits 106.799 Einwohner.
Das hat laut Bieri vor allem finanzielle Folgen. „Die Finanzzuweisungen des Landes hängen zum Teil an der amtlich festgestellten Einwohnerzahl“, so der Hanauer Bürgermeister. „Ein Verlust von knapp zehn Millionen Euro jährlich wäre die direkte Folge – mit erheblichen Auswirkungen auf unsere kommunale Handlungsfähigkeit.“ Alle verfügbaren Indikatoren – vom Schul- und Kita-Bedarf bis zur Wohnungsmarktlage – sprächen für ein Bevölkerungswachstum, nicht für einen Rückgang. Die Grundlage der Zensus-Hochrechnung bleibe aus Sicht der Stadt weiterhin „intransparent“, hieß es. Zuvor hatten im Streit um die Einwohnerzahl auch Fulda und Gießen Klagen auf den Weg gebracht, zahlreiche weitere Städte hatten Widerspruch gegen die statistisch ermittelte Einwohnerzahl eingelegt.