
Die Getreideernte in Hessen startet besonders früh in diesem Jahr. Besonders Mais, Kartoffeln und Rüben geraten nun allerdings in Stress.
Wetter, Schädlinge und hohe Kosten: Die Landwirte in Hessen haben mit einigen Problemen zu kämpfen. Die Stimmungslage bei den Bauern ist dementsprechend zwiegespalten. „Die hessischen Landwirte blicken bisher auf eine Ernte mit Höhen und Tiefen“, erklärte Karten Schmal, Präsident des hessischen Bauernverbands (HBV).
Einerseits startete die Getreideernte in Hessen 2025 so früh wie seit Jahren nicht. „Bereits Ende Juni wurden in Südhessen die ersten Felder gedroschen“, sagte Schmal. Andererseits dämpften nun hohe Kosten und niedrige Erlöse die Erwartungen vieler Bauern. „Das ist eine ganz teure Ernte, die dieses Jahr draußen steht“, betonte er.
Wintergerste profitiert, Weizen bereitet Sorgen
Bisheriger Gewinner der Saison sei die Wintergerste: Auf guten Böden wurden Spitzenerträge von bis zu elf Tonnen pro Hektar gemeldet. Meist liegt der Schnitt bei acht bis neun Tonnen. Das sei „ein erfreuliches Ergebnis“, viele Landwirte seien mit dem bisherigen Verlauf sehr zufrieden. Die Körner seien allerdings extrem trocken, was das Dreschen erschwere. Die Qualität leide darunter nicht, verbessere sie teils sogar, erklärte der HBV-Präsident.
Beim Winterweizen ist die Lage laut HBV dagegen angespannt. Durch die Hitze reifte der Weizen ungewöhnlich schnell ab, „die Halme blieben teils grün, während die Körner schon trocken waren.“ Der benötigte Regen kam dann zu spät. Viele Betriebe würden daher nun mit unterdurchschnittlichen Erträgen rechnen, andere hofften auf ein durchschnittliches Ergebnis.
Ähnlich sei die Lage beim Winterraps: Auch bei ihm führten Hitze und Trockenheit zu einer schnellen sogenannten Abreife, die Ernte steht laut Schmal nun kurz bevor.
Der Bauernverband rechnet nach eigenen Angaben für die wichtigen Getreidesorten Winterweizen und Wintergerste mit einem Ertrag von etwa sieben Tonnen pro Hektar. Winterweizen wird 2025 auf rund 144.000 Hektar in Hessen angebaut (2024: 130.100) – Wintergerste auf etwa 65.000 Hektar (2024: 64.600).
Hessische Böden zu trocken
Zudem bereiteten Hitze, Unwetter und vor allem Trockenheit den Bauern seit Monaten Sorgen. „Die extremen Wetterlagen und neue Schädlinge machen deutlich, dass hohe Ernten nicht selbstverständlich sind“, sagte Schmal.
Auch laut Andreas Brömser vom Deutschen Wetterdienst sind die Böden in Hessen aktuell zu trocken. „Wir sind weit unter den üblichen Bodenfeuchtewerten für jetzt etwa Mitte Juli.“ Der Regen Anfang Juni habe die Werte etwas verbessert, aber nicht normalisiert. Verdunstung und der Wasserentzug durch Pflanzen habe deutlich überwogen.
Laut HBV sei die Lage in Südhessen angespannter als im Norden. „Zwischen Gießen und Göttingen ist es zwar auch zu trocken, aber da geht es noch einigermaßen“, sagte Schmal.
Von der aktuellen Bodentrockenheit seien einige Getreidearten nicht mehr betroffen. In der Abreife würden die Pflanzen nicht mehr viel Wasser benötigen. Allerdings gerieten jetzt zunehmend Pflanzen, die noch länger auf den Feldern stehen und eigentlich viel Wasser benötigen, in Trockenstress: etwa Mais, Zuckerrüben und Kartoffeln.
Der Regen der vergangenen Tage habe bei ihnen deutlich geholfen, sagte HBV-Präsident Schmal. „So könnte die Entwicklung der Blattfrüchte noch etwas nach vorn gebracht werden.“
Schilf-Glasflügelzikade bedroht zahlreiche Pflanzen
Doch nicht nur die Bodentrockenheit gefährdet Zuckerrüben und Kartoffeln. Die Schilf-Glasflügelzikade bedroht zahlreiche Pflanzen, darunter Kartoffeln, Zuckerrüben, Rote Bete und Zwiebeln. Und sie breitet sich immer weiter aus. „Die von ihr übertragenen Krankheiten können erhebliche Ertrags- und Qualitätsverluste verursachen, im schlimmsten Fall bis hin zum Totalausfall“, sagte Schmal.
Auch nach der anstehenden Ernte müssen sich Landwirte mit der Zikade beschäftigen. Nach Einschätzungen des Julius-Kühn-Instituts müsse man wegen der hohen Populationsdichte der Schilf-Glasflügelzikade auch in den nächsten Jahren mit Befall der betroffenen Kulturen rechnen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die Zikade auch auf weitere Kulturen ausbreitet.
Ursprünglich stamme die Schilf-Glasflügelzikade aus dem Mittelmeerraum und sei im Zuge des Klimawandels eingewandert, heißt es vom Naturschutzbund Deutschland (NABU).
Der NABU empfiehlt aus Naturschutzperspektive, Acker nach der Ernte von Zuckerrüben erst einmal brach liegen zu lassen und nicht sofort Wintergetreide anzubauen. Die Zikaden würden so nichts mehr zu fressen finden und aushungern. Auch Zwischenstreifen in den Feldern könnten helfen, damit die Insekten nicht so schnell neue Pflanzen finden.