
Großes Radsport-Kino in den Pyrenäen: Jungstar Florian Lipowitz liefert beim Bergzeitfahren die nächste starke Vorstellung ab. Titelverteidiger Pogacar dominiert weiter die Tour.
Auf die Glückwünsche von seinem Team musste Florian Lipowitz nach seinem nächsten hervorragenden Auftritt in den Pyrenäen dieses Mal etwas länger warten. Eine Dopingkontrolle hielt den 24 Jahre alten deutschen Senkrechtstarter auf. Endlich am Mannschaftsbus angekommen, suchte sich der Tour-Debütant nach der heißen und schweißtreibenden Fahrt hinauf zum kleinen James-Bond-Flugplatz in Peyragudes erst einmal ein schattiges Plätzchen.
Zuvor hatte sich Lipowitz auf seiner schwarzen Zeitfahrmaschine die bis zu 16 Prozent steile Rampe hinauf ins Ziel gequält. Der Rad-Jungstar zeigte beim Bergzeitfahren bei seiner ersten Tour de France mit seinem vierten Platz die nächste eindrucksvolle Leistung.
Bei der erneuten Gala-Vorstellung von Titelverteidiger Tadej Pogacar am einstigen Drehort des 007-Films „Der Morgen stirbt nie“ unterstrich der 24 Jahre alte Kletterkünstler aus Schwaben einmal mehr seine Ambitionen auf das Podium in Paris. In der Gesamtwertung bleibt er auf Position vier, verkürzte aber den Abstand auf den belgischen Doppel-Olympiasieger Remco Evenepoel auf sechs Sekunden. Vor Lipowitz liegen Weltmeister Pogacar, der Däne Jonas Vingegaard und Evenepoel.
Lipowitz: „Angefühlt wie eine Ewigkeit“
„Ich bin Vollgas bis ins Ziel gefahren. Die letzten 50 Meter haben sich angefühlt wie eine Ewigkeit. Aber ich habe einen guten Job gemacht.“, sagte Lipowitz der ARD. Er hatte sich vor dem Start in Loudenvielle für seine etwas schwerere Zeitfahrmaschine entschieden und nicht für das leichtere Straßenrad.
Lipowitz‘ routinierter Teamkollege Primoz Roglic fuhr in Peyragudes als Dritter hinter Pogacar und dem zweitplatzierten Vingegaard ein hervorragendes Zeitfahren. Der viermalige Vuelta-Sieger aus Slowenien liegt im Gesamtklassement nun auf Rang sieben.
Lipowitz weiter mit guten Podestchancen
„Morgen wird wieder ein super harter Tag. Ich glaube, es ist alles möglich“, sagte Lipowitz. „Primoz hat heute eine starke Performance gezeigt.“ Pogacar und Vingegaard seien außer Reichweite, so der Schwabe weiter. „Aber im Kampf um den dritten Platz haben wir weiter gute Karten.“
Das Ziel des Red-Bull-Teams, in Paris auf dem Podium zu stehen, scheint realistisch. Bereits bei der Dauphiné-Rundfahrt hatte der ehemalige Biathlet Lipowitz den dritten Gesamtrang hinter den beiden Tour-Stars Pogacar und Vingegaard gefeiert.
Pogacar dominiert die gesamte Konkurrenz
Pogacar ließ im Kampf gegen die Uhr hinauf nach Peyragudes wieder einmal die Muskeln spielen. Vier Minuten und sieben Sekunden beträgt sein Vorsprung auf Vingegaard. Der Sturz vom Mittwoch beeinträchtigte den dreimaligen-Tour-Champion nicht mehr. Für den Weltmeister ist es der vierte Etappensieg bei dieser Tour.
„Hinter dem Zeitfahren stand von Anfang an ein großes Fragezeichen – für mich schon im Dezember. Ich wollte, dass alles perfekt ist“, sagte Pogacar und fügte hinzu: „Ich hatte mir wirklich vorgenommen, vom Start bis zum Ziel alles zu geben und einfach zu versuchen, so viel wie möglich in die Pedale zu treten. Am Ende wäre ich fast explodiert.“
Schon am Donnerstag hatte Pogacar die erste Kletter-Show in den Pyrenäen klar für sich entschieden und das Gelbe Trikot zurückerobert. Es war die zweitschnellste Zeit, die je ein Fahrer hinauf nach Hautacam erreicht hatte. Nur der Däne Bjarne Riis war 1996 bei seinem Tour-Sieg schneller.
Für Vingegaard läuft es in den Pyrenäen weiter nicht rund. Auch in Peyragudes verlor er Zeit auf seinen Dauerrivalen Pogacar. Dabei ist das Bergzeitfahren eigentlich seine Domäne. 2023 hatte er im Schatten des Mont Blanc Pogacar eine schwere Pleite zugefügt und damit den Grundstein für seinen zweiten Tour-Sieg gelegt. Unglaubliche 1:38 Minuten auf nur 22,4 Kilometern knöpfte Vingegaard dem Slowenen damals in Combloux ab.
Nächste Kletter-Show in den Pyrenäen
Am Samstag auf der 14. Etappe wartet beim letzten Pyrenäen-Spektakel der diesjährigen Tour ein lange nicht genutzter Zielort auf die Radprofis. Nach 36 Jahren kehrt die knifflige Bergankunft in Luchon-Superbagnères zurück. Aus logistischen Gründen war der Zielort lange nicht dabei. Die Rennfahrer müssen 4.950 Höhenmeter auf einer Distanz von 182,6 Kilometern zwischen Pau und dem Skigebiet bewältigen – es ist die bislang größte Herausforderung der Frankreich-Rundfahrt.
Dazwischen wartet noch die Kletter-Show auf den legendären Col du Tourmalet. Der Tour-Klassiker mit einer durchschnittlichen Steigung von 7,4 Prozent auf 19 Kilometern und die Bergankunft in Luchon-Superbagnères weisen Anstiege der höchsten Kategorie auf. Daneben gibt es noch einen der zweiten und einen der ersten Kategorie.