
Ein Angelparadies im Ruhrgebiet ist die Kulisse für internationalen Kokainhandel. Der Kopf der Gruppe und seine Helfer kassieren nun empfindliche Strafen.
Der Prozess um schwunghaften Kokainhandel hinter der Fassade eines Angelparadieses ist in Düsseldorf mit hohen Haftstrafen für sieben Angeklagte zu Ende gegangen. Das Landgericht Wuppertal verurteilte den Hauptangeklagten, einen 64-Jährigen aus Hattingen, wegen bandenmäßigen Drogenhandels zu zwölf Jahren Haft. Die Mittäter wurden zu Haftstrafen zwischen vier Jahren und drei Monaten bis zu acht Jahren verurteilt. Gegen das Urteil kann binnen einer Woche noch Revision eingelegt werden.
Die Kammer, die im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts tagte, sieht es als erwiesen an, dass die verurteilten Angeklagten ein professionell agierendes internationales Betäubungsmittel-Netzwerk betrieben haben. Der Hauptangeklagte soll zwischen September 2014 und November 2022 mit wechselnden Besetzungen in über 50 Fahrten etwa 880 Kilogramm Kokain im Wesentlichen nach Italien geschmuggelt haben.
Angler-Autos als Kurierfahrzeuge
Seine mitverurteilten Kuriere sollen die Drogen nach Überzeugung des Gerichts mit entsprechend präparierten Fahrzeugen in den Niederlanden oder Belgien abgeholt, es in eingebauten Drogenverstecken verstaut und später zu verschiedenen Zielorten transportiert haben. Die Schmuggel-Autos waren zum Teil als Geschäftswagen des Angelparadieses in Breckerfeld zugelassen.
Die Kammer stufte alle Fahrten als bandenmäßig ein, verneinte im Gegensatz zur Anklage allerdings, dass die deutschen Straftäter dazu eine kriminelle Vereinigung gebildet oder einer angehört hätten. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Kopf der Gruppe – Spitzname „Kokain-Kalle“ – mehr als 13 Jahre Haft gefordert.
Das Gericht habe nicht „nicht festgestellt, dass die Auftraggeber Mitglieder der italienischen Mafia-Organisation ’Ndrangheta oder albanischer Mafia-Organisationen gewesen seien“, teilte die Wuppertaler Behörde nach dem Urteil mit.
Wo sind die Drogen-Millionen?
Der Haupttäter soll mit dem Drogenhandel 2,2 Millionen Euro eingenommen haben. Dieses Geld wurde nach Angaben einer Gerichtssprecherin eingezogen. Allerdings kann dieser Rechtstitel derzeit nicht vollstreckt werden, weil der Verbleib des Geldes nicht aufgeklärt werden konnte.
Die in allen wesentlichen Anklagepunkten geständigen Verurteilten kommen aus Hattingen, Dortmund, Wuppertal, Remscheid und Castrop-Rauxel. Während „Kokain-Kalle“, dem die Kammer erhebliche kriminelle Energie attestierte, nach dem Urteil in Untersuchungshaft bleiben muss, wurden die Haftbefehle seiner Mittäter zunächst außer Kraft gesetzt – mit strengen Meldeauflagen. Nachdem sie im Laufe des Verfahrens bereits lange Zeit hinter Gittern gesessen haben, wird nun zu prüfen sein, welche Reststrafe sie noch zu verbüßen haben.
Beim Haupttäter geht die Kammer wegen des ungeklärten Verbleibs der hohen Drogen-Erlöse von einer besonders hohen Fluchtgefahr aus. Für ihn wäre nach Ansicht des Gerichts auch die Höchststrafe von 15 Jahren „durchaus möglich gewesen“. Allerdings wurden das Geständnis, sein fortgeschrittenes Alter und die Tatsache, dass der 64-Jährige nicht vorbestraft war, zu seinen Gunsten gewertet.