
„Made in Germany“ steht als Qualitätssiegel. Nun haben Unternehmen die Initiative „Made for Germany“ gestartet und waren zu Gast im Kanzleramt. Sie machen große Ankündigungen – und haben Erwartungen.
Bundeskanzler Friedrich Merz sucht für einen Weg aus der langen Wachstumsschwäche den Schulterschluss mit der Wirtschaft für deutlich mehr Investitionen. „Deutschland ist zurück“, sagte der CDU-Politiker nach einem Treffen mit Topmanagern einer Unternehmens-Initiative. „Es lohnt sich, wieder in Deutschland zu investieren.“ Die Konzerne stellten Milliarden-Investitionen in Aussicht. Sie machten aber zugleich Erwartungen an die Politik deutlich, den „Reformstau“ aufzulösen und Unternehmen mehr Freiheit zu geben.
„Standort der Zukunft“
Merz sagte nach dem Treffen im Kanzleramt, dass mehr öffentliche Investitionen durch privates Kapital enorm verstärkt werden könnten. „Dieses Potenzial wollen wir heben und damit weitere Wachstumseffekte auslösen.“ Deutschland droht ein drittes Jahr in Folge ohne Wachstum, Firmen hielten sich zuletzt auch wegen Unsicherheiten über den wirtschaftspolitischen Kurs mit Investitionen zurück. Merz warb: „Wir sind kein Standort der Vergangenheit, sondern ein Standort der Gegenwart und vor allem der Zukunft.“
Privates Kapital
Bundestag und Bundesrat hatten ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für zusätzliche staatliche Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz beschlossen. Dabei geht es darum, teils marode Verkehrswege auf Vordermann zu bringen, aber auch um Investitionen in Energienetze, in die Digitalisierung und Forschung. Merz sagte, nur ein Teil der nötigen Investitionen könne staatlich getätigt werden, ein großer Teil müsse privat erfolgen. Damit Firmen wieder mehr investieren, hatte die Politik steuerliche Entlastungen beschlossen.
Initiative von Unternehmen
Der unter anderem von Siemens und der Deutschen Bank angestoßenen Initiative „Made for Germany“ gehören nach eigenen Angaben bisher 61 Unternehmen verschiedener Branchen sowie Investmentfirmen an. Die Firmen stellen bis 2028 Investitionen von mindestens 631 Milliarden Euro in Deutschland in Aussicht. Diese Summe umfasse sowohl bereits geplante als auch neue Kapitalinvestitionen etwa in neue Anlagen sowie Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Merz sprach von „einer der größten Investitionsinitiativen“ der vergangenen Jahrzehnte.
Ein dreistelliger Milliardenbetrag soll laut Initiative auf Neuinvestitionen entfallen – was aber konkret geplant ist, sagten die Unternehmen nicht.
Manager dringen auf bessere Bedingungen
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing nach dem Gespräch im Kanzleramt: „Wir alle bekennen uns zum Standort Deutschland ohne Wenn und Aber.“ Man erlebe „eine Regierung, die Tempo macht“ und bei der Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit oben auf der Agenda stünden. Siemens-Chef Roland Busch sprach von einer „neuen Form der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik“. Um die angekündigten Milliarden freizusetzen, sollte die Politik weniger regulieren und Unternehmen mehr Freiheit geben.
Hightech
Merz sagte, die Zusammenarbeit solle weitergehen. Die Initiative nannte als Ziel, einen „lösungsorientierten Dialog“ zu zentralen Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Innovation, Infrastruktur und Fachkräftemangel zu etablieren.
Im Entwurf einer „Hightech-Agenda“ der Bundesregierung heißt es, neue Technologien „Made in Germany“ sollten wieder zum Markenzeichen des Landes werden. Als Ziel wird zum Beispiel genannt, europäische „AI Gigafactories“ nach Deutschland zu holen, das sind Rechenzentren für Künstliche Intelligenz. Als weitere Schlüsseltechnologien genannt werden Quantentechnologien, Mikroelektronik, Biotechnologie, klimaneutrale Energieerzeugung sowie Technologien für die klimaneutrale Mobilität.
Mit einer Lockerung der Schuldenbremse soll zudem massiv in die Bundeswehr investiert werden. Der Vorstandschef des Rüstungskonzerns Rheinmetall AG, Armin Papperger, sagte, die Verteidigungsindustrie werde zum echten „Jobmotor“ für Deutschland.
Steigen die Sozialbeiträge?
Ein wichtiger Standortfaktor sind die Arbeitskosten. Die Metall- und Elektro-Industrie erinnerte daher parallel zum Gipfel daran, dass aus ihrer Sicht die Sozialversicherungsbeiträge herunter müssten. „Es darf jedenfalls keine weiteren Steigerungen ab 1. Januar 2026 geben.“ Wegen höherer Kosten waren die Krankenkassenbeiträge erst zu Jahresbeginn auf breiter Front gestiegen, und die Arbeitgeber zahlen die Hälfte.
Akut drohen für 2026 neue Erhöhungen auch in der Pflegeversicherung. Der Haushaltsentwurf 2025 sieht zwar Finanzspritzen vor, sie reichen aber noch nicht. Um Lücken zu schließen, müsste in den Etatberatungen im Bundestag noch nachgebessert werden. Merz selbst hatte das Ziel ausgegeben: „Ich möchte eine Stabilisierung in dieser Wahlperiode erreichen.“ Wie Reformen der Sozialversicherungen genau aussehen und wann genau sie kommen, ist offen. Es drohen Konflikte mit dem Koalitionspartner SPD, zum Beispiel um Einsparungen beim Bürgergeld.
Lage in Branchen weiter schwierig
Eine Stimmungsaufhellung in der Metall- und Elektro-Industrie sei nicht in Sicht, befand der Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Mit Blick auf anhaltende Rückgänge der Beschäftigung sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander, die Bedingungen am Standort Deutschland müssten verbessert werden. Die Bundesregierung habe keine Zeit für Verschnaufpausen. „Nach der Sommerpause müssen dringend weitere und tiefgreifendere Reformen auf den Weg gebracht werden – insbesondere bei Bürokratie und im Bereich der Sozialversicherung.“
Nur PR-Veranstaltung?
FDP-Chef Christian Dürr sagte, für die benötigte wirtschaftliche Wende reiche keine kurzfristig inszenierte PR-Veranstaltung mit ausgewählten Konzernen: „Statt sich jetzt nur mit einzelnen Chefs von großen Unternehmen zu treffen, sollte der Kanzler sein Augenmerk auf die gesamte Bandbreite der Wirtschaft richten.“