
Der deutsche Rad-Jungstar Florian Lipowitz versucht, sich vor dem Endspurt bei der Tour so gut wie möglich zu erholen. Auf einen Gast freut er sich ganz besonders.
Florian Lipowitz freute sich nach den kräftezehrenden Tagen besonders auf die Ankunft seiner Freundin. „Ich hoffe, dass sie so schnell wie möglich hierherkommt“, sagte der deutsche Rad-Hoffnungsträger am zweiten Ruhetag der Tour de France. Als er diese Sätze sprach, war seine Freundin gerade auf dem Landeanflug.
Beide haben beim Wiedersehen Grund zur Freude, denn der 24-Jährige übernahm am Wochenende Gesamtrang drei und das Weiße Trikot für den besten Nachwuchsfahrer. Und das als Debütant bei der Frankreich-Rundfahrt. Die Euphorie erreichte auch seinen Heimatort Laichingen. „Mittlerweile schauen in meinem Ort relativ viele die Tour an. Ich denke, da freuen sich alle mit mir“, sagte der gebürtige Schwabe.
Die extremen Anstrengungen der ersten beiden erfolgreichen Tour-Wochen waren Deutschlands Senkrechtstarter im Radsport weder anzusehen noch anzumerken. Locker und gelöst beantworte er Fragen im kleinen Konferenzraum des Red-Bull-Teamhotels in der südfranzösischen Stadt Narbonne. Das bisher hervorragende Abschneiden bei seiner ersten Frankreich-Rundfahrt machen ihn zum beehrten Gesprächspartner.
Doping im Radsport? Lipowitz macht „alles regelkonform“
Doch auch zu ernsteren Themen – wie zur generellen Debatte um Zweifel an den immer stärken Leistungen von Radsportlern – stellte sich Lipowitz. „Ich kann nur für mich selber sagen, dass ich alles regelkonform mache. Ich will auch beruhigt ins Bett gehen können“, sagte der ehemalige Biathlet am zweiten Ruhetag der Frankreich-Rundfahrt und distanzierte sich deutlich von Doping-Machenschaften. Er schaue bei dem Thema nur auf sich. „Ich kann nur sagen, dass ich sauber bin und mich damit nicht allzu arg konfrontieren will.“
Lipowitz verwies auf das Adams-System der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, in dem die Athleten jeden Tag ihren Aufenthaltsort angeben müssen, um für eventuelle Dopingkontrollen erreichbar zu sein. „Ich glaube, in keinem anderen Sport wird so viel kontrolliert“, sagte der 24-Jährige. Er sei in den vergangenen zwei Wochen vier- oder fünfmal zur Dopingkontrolle gebeten worden. „Die könnten mir auch einen GPS-Tracker geben. Das wäre mir wahrscheinlich am liebsten.“ Am Ende müsse jeder Fahrer mit sich im Reinen sein. „Und das kann ich für mich selber sagen“, beteuerte Lipowitz.
Der Jungstar darf sich bei seiner ersten Frankreich-Rundfahrt berechtigte Hoffnungen auf das Podium in Paris machen. Er wäre seit 2006 der erste deutsche Radprofi, der auf dem Tour-Podest stehen würde. Damals belegte Andreas Klöden den zweiten Platz.
Lipowitz würde auch Roglic das Podium „von Herzen gönnen“
Er selbst möchte gar nicht so sehr an das mögliche Podium denken. „Ich selber will für mich nur von Tag für Tag schauen und mir so wenig Druck wie möglich machen.“. Er würde sich auch für seinen Teamkollegen Primoz Roglic freuen, sollte der Slowene in der französischen Hauptstadt auf das Podest klettern. „Ich würde es ihm von Herzen gönnen.“
Rolf Aldag, der sportliche Leiter im Team, sagte am Ruhetag, dass beide voneinander profitieren könnten: „Die Erfahrung von Primoz und das junge Wilde von Lipo. Das ist ein Luxus“, sagte der Ex-Profi zu den Rängen drei und sechs in der Gesamtwertung.
Aktuell liegt der lernwillige Nachwuchsfahrer knapp zweieinhalb Minuten vor dem Routinier. Beide Profis kommen gut miteinander aus, wie sie bekräftigen. Am Montag plauschten beide in entspannter Stimmung, für die Fahrer standen Dehnübungen und eine kleine Ausfahrt an.
Etwas Erholung und Entspannung taten gut, bevor das Tour-Peloton am Dienstag in Richtung Mont Ventoux und Alpen aufbricht. Lipowitz hat sich den Ruhetag hart erarbeitet. Mit seinen Kletterkünsten und offensichtlich genügend Energie verbesserte er sich in den Pyrenäen weiter nach vorn.
Im Gesamtklassement liegen nur noch Titelverteidiger und Tour-Dominator Tadej Pogacar im Gelben Trikot und dessen Dauerrivale Jonas Vingegaard vor ihm. Den leichten Sturz auf der Sonntags-Etappe nach Carcasonne hatte der ehemalige Biathlet längst abgehakt. „Das war überhaupt nichts Schlimmes.“