Wie Dogwalker Gruppen formen: Wenn der Job vier Pfoten hat

  • Juli 22, 2025

Leine, Tracker, Versicherungsnachweis: Professionelles Gassigehen ist oft ein logistisches Meisterwerk. Warum Hundebetreuung heute meist mehr mit Projektmanagement zu tun hat als mit Romantik.

Von außen wirkt es wie ein Spaziergang. Aber tatsächlich ist es Hochleistungskoordination – mal lange Leine, mal kurze Leine. Diane Reddmann führt fremde Hunde aus: Als sogenannte Dogwalkerin geht sie mit bis zu sieben Vierbeinern raus ins Feld, in den Wald, auf abgelegene Wege – raus aus dem Alltag, rein in die Hundegrupperoutine. Was klingt wie Freizeit, ist meist ein genau organisierter und getakteter Job.

„Ich arbeite mit den Hunden rein auf positiver Basis“, sagt Reddmann, während ihre schwarze Labradorhündin Leni neben ihr geduldig wartet. Leni ist mehr als nur eine Begleiterin – sie ist Co-Trainerin, Stimmungsbarometer und Sozialdolmetscherin. „Sie ist eigentlich immer dabei“, erzählt Reddmann, „und sie macht das super.“

Das Geschäft mit dem Gassi

Hundesitter sind gefragt. Viele Hundebesitzer nutzen den Service, weil der Spagat zwischen Vollzeitjob, Kindern und Haustier oft nur mit externer Hilfe gelingt. Und weil sie wissen, dass ihr Hund in der Gruppe oft ausgeglichener ist als allein im Wohnzimmer. Zudem ist Gassi-Gehen längst ein Teil der urbanen Dienstleistungsgesellschaft.

Die Gruppen, mit denen Reddmann in der Pfalz unterwegs ist, sind nicht zufällig zusammengestellt. „Die Hunde müssen sozial verträglich sein, gesund und geimpft.“ Das Alter spiele keine große Rolle, „aber Rüden sollten kastriert sein, das hat sich einfach bewährt“. Die Routen – meist zwischen 60 und 90 Minuten – sind an den letzten Abholpunkt angepasst. Alles mit Hol-und-Bring-Service.

Die logistische Herausforderung beginnt nicht erst im Wald, sondern schon auf der Straße – beim Einsammeln der Hunde, beim Einstieg ins Auto, beim Umgang mit verschiedenen Charakteren. „Ich habe eine extra Dogwalker-Versicherung bis zehn Hunde“, sagt Reddmann. Sie holt Vierbeiner auch direkt aus den Wohnungen ihrer Kunden.

Der Deutsche Tierschutzbund hält Dogwalker unter bestimmten Voraussetzungen für eine sinnvolle Ergänzung zur Hundebetreuung. Entscheidend sei, dass die Betreuer über ausreichende Fachkenntnisse verfügen sowie mit dem Verhalten des jeweiligen Hundes umgehen können und ein Vertrauensverhältnis aufbauen, sagt Nadia Wattad. „Vertrauen kann nur entstehen, wenn die Gassigeher nicht unnötig oft wechseln.“

Trainieren statt dominieren

Wie Reddmann Aggressionen vorbeugt: „Wir machen das Namensspiel“, erklärt sie. Jeder Hund erhält sein Leckerli erst nach Namensnennung – so lernt die Hundegruppe: warten, zuhören, vertrauen. Wer in die Gruppe kommt, entscheidet nicht nur Sympathie. Es gibt Erstgespräche – am liebsten bei einem Spaziergang mit Leni –, dann Proberunden ohne Besitzer. Zeigt der Hund Jagdtrieb? Wie reagiert er in der Gruppe?

„Wenn alles passt, darf er rein.“ Und wenn nicht? „Ich habe schon Hunde abgelehnt“, sagt Reddmann. Oder nach einigen Monaten aus der Gruppe genommen. „Man merkt dann einfach: das funktioniert nicht.“

Damit alles klappt, arbeitet sie mit weiteren positiven Verstärkern wie etwa dem sogenannten Markerwort. Einfach gesagt, hilft ein Wort wie „fein“ dem Hund, die Verbindung zwischen seiner Handlung und zum Beispiel einer Belohnung herzustellen. „Das alles kommt aus dem Grundsatz „Trainieren statt dominieren““, erzählt Reddmann.

Kein „Holla die Waldfee“

Dass ein Hund wegläuft, passiert schon mal. „Aber die kommen meistens dahin zurück, wo sie reingegangen sind.“ Außerdem sind alle mit GPS-Trackern ausgestattet. Verletzungen? Kaum. „Mal ein Dorn im Ballen.“ Unfälle? Eher bei ihr selbst: „Ich bin schon über ein paar Leinen gestolpert.“

Laut Hundetrainer Rainer Burisch, Fachbereichsleiter Dogwalking beim Berufsverband ProHunde, erkennt man einen guten Dogwalker auch daran, wie er hinzukommende Hunde einarbeitet. „Das darf nicht nach dem Motto „Holla die Waldfee“ passieren, indem er alle auf den Neuen loslässt, sondern sie müssen erst die Möglichkeit haben, sich in einer kleineren Gruppe aneinander zu gewöhnen.“

Für den Gassi-Service eignet sich Burisch zufolge jeder gut sozialisierte Hund. Sogar einer, der eher ängstlich sei, könnte für den Spaziergang und das Spielen mit mehreren Artgenossen infrage kommen. „Er kann in der Gruppe total aufblühen, weil er sich auch an einen souveränen Artgenossen anschließen kann, der ihn mitzieht und beruhigt.“

Der Zweithund ist günstiger

Seit 2013 ist Reddmann im Hundekosmos unterwegs – mit Übungsleiterschein, eigener offener Hundewiese und Hundebetreuung. 2023 machte sie die Ausbildung zur professionellen Dogwalkerin, Anfang 2024 kam dann die Selbstständigkeit.

Die Kosten: einmal wöchentlich im Abo kostet bei ihr 120 Euro im Monat, zweimal wöchentlich entsprechend mehr. Bei einem Zweithund aus derselben Familie gibt es 20 Prozent Rabatt.

Romantischer Waldgang mit Hunden? Reddmann spricht lieber von Sicherheit, Struktur und einem liebevoll-professionellen Rahmen für jene Vierbeiner, deren Halter tagsüber keine Zeit haben. Hinter dem scheinbar einfachen Spaziergang stecken Planung und Pragmatismus, sagt sie – und gegenseitiges Vertrauen.

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