Liefervertrag unterzeichnet: EWE-Chef verteidigt Borkum-Gas-Handel – Kritik von Grünen

  • Juli 23, 2025

Der Energieversorger EWE wird das aus der See vor Borkum geförderte Gas an seine Kunden liefern. Umweltschützer und Grüne kritisieren den Gas-Deal. Der Konzernchef sieht einen entscheidenden Vorteil.

Die umstrittene Erdgasförderung in der Nordsee vor der Insel Borkum wird laut EWE-Chef Stefan Dohler dabei helfen, Gaskunden vergleichsweise klimaschonend mit Energie zu versorgen. „Wir schauen uns an, wie wir Erdgas möglichst wettbewerbsfähig, aber auch klimaschonend beschaffen können“, sagt der EWE-Vorstandsvorsitzende der Deutschen Presse-Agentur. „In der Nordsee, vor unserer Haustür, wird das Gas sehr klimaschonend produziert werden – speziell, wenn die Anbindung an den Windpark erfolgt.“ Durch eine Stromanbindung an den Offshore-Windpark Riffgat sollen die CO2-Emissionen der Produktion deutlich reduziert werden.

Dohler betont, die Treibhausgasemissionen etwa von importiertem Flüssigerdgas (LNG) aus US-amerikanischem Fracking, was verflüssigt, transportiert und wieder gasförmig gemacht werde, seien 25-mal höher als bei der heimischen Gasproduktion. „Wir haben die Chance, direkt vor unserer Haustür, deutlich klimaschonender Erdgas zu produzieren.“

Warum der Liefervertrag für Empörung sorgt

Vergangene Woche war bekanntgeworden, dass der Oldenburger Energieversorger einen Liefervertrag mit dem niederländischen Erdgasproduzenten One-Dyas geschlossen hat. Demnach wird EWE die Produktion aus dem deutschen Hoheitsgebiet abnehmen, um damit etwa Haushalte und Unternehmen in Niedersachsen mit Gas zu versorgen. 

Die Erdgasförderung ist umstritten. Umweltschützer und Insulaner fürchten Schäden für die Meeresumwelt, den nahe gelegenen Nationalpark Wattenmeer und die Wattenmeerinseln. Sie kritisieren unter anderem, dass durch das zu verlegende Stromkabel für die Bohrplattform geschützte Riffe unwiederbringlich zerstört werden könnten und klagen deshalb dagegen. 

Umweltschützer und Grüne kritisieren EWE

Auch die EWE-Ankündigung, das geförderte Gas abnehmen zu wollen, stößt daher auf Kritik bei Umweltschutzverbänden und bei der grünen Partei. „Mit diesem Liefervertrag leistet mit EWE ausgerechnet ein niedersächsischer Energieversorger Beihilfe zur Zerstörung von geschützten Riffen in der Nordsee“, sagt der Energieexperte der Deutschen Umwelthilfe, Constantin Zerger. Statt eine neue Gasförderung zu unterstützen, solle EWE als regionaler Anbieter Verantwortung für die Menschen und die Natur vor Ort übernehmen. 

Auch das Argument der klimaschonenderen Gasproduktion zählt für Umweltschützer nicht. „Gas bleibt ein fossiler Energieträger, der für neue CO2-Emissionen verantwortlich ist. Dafür Strom aus einem Offshore-Windpark einzusetzen, ist die Verschwendung von wertvollem Ökostrom“, sagt Zerger.

Insgesamt elf Kreisverbände der Grünen im Nordwesten Niedersachsens forderten in einer gemeinsamen Mitteilung EWE auf, „jegliche vertragliche Bindung“ für die Gasförderung vor Borkum zu stoppen. Für die Menschen in der Region sei der Liefervertrag zwischen One-Dyas und EWE „ein Tritt vors Schienbein“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme der Kreisverbände zwischen Leer und der Wesermarsch. „Ein Unternehmen, das sich selbst als „tief in der Region verwurzelt“ beschreibt und laut eigener Website Maßstäbe beim Klimaschutz setzen will, schließt hinter dem Rücken der Bevölkerung einen Gasdeal, der alles andere als zukunftsweisend ist“, kritisieren sie. 

EWE-Chef: Werden Erdgas noch lange brauchen

EWE-Chef Dohler weist dagegen darauf hin, dass Gas voraussichtlich noch lange Zeit nachgefragt werde. „Wir werden Erdgas auf absehbare Zeit brauchen, weil es im Übergang bis 2045 ein wesentlicher Baustein der Energieversorgung in Deutschland bleiben wird.“ Sein Unternehmen sei dabei, substanziell in den Ersatz von Erdgas zu investieren, etwa durch Wasserstoff oder den Ausbau von strombasierten Wärmelösungen wie Wärmepumpen. „Aber das geht nicht über Nacht, sondern ist ein Marathon. Wir werden daher unseren Kunden auch in dieser Transitionsphase Erdgas anbieten wollen und müssen. Wir können ihnen nicht einfach die Heizung abschalten“, sagt Dohler. 

Der Konzernchef erklärt zudem, dass sich der Erdgasverbrauch infolge des Emissionshandels künftig verteuern werde. „Wir als Unternehmen müssen Antworten liefern, wie wir verantwortlich, wettbewerbsfähig und sicher Gasversorgung gewährleisten. Das ist ein Beitrag dazu“, sagt Dohler.

Wie viel Gas gefördert werden soll

One-Dyas hatte Ende März mitgeteilt, mit der Gasförderung begonnen zu haben – zunächst in einer Testphase und nur auf niederländischem Gebiet. 

EWE-Chef Dohler sieht in der Erdgasförderung auch einen Beitrag zur Energiesicherheit. „Wir reden immer davon, dass wir viel zu importabhängig sind. Im Regelbetrieb soll das Feld zwei Milliarden Kubikmeter produzieren. Es ist ein relativ kleiner Beitrag, aber es ist ein Beitrag.“ 

Zur Einordnung: Der gesamtdeutsche Gasverbrauch lag im vergangenen Jahr nach Angaben des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) bei 78 Milliarden Kubikmetern. Durch die heimische Gasförderung wurden zuletzt 4,4 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert. 

Bislang bezieht sich die Fördergenehmigung allein auf das Erdgasfeld N05-A. One-Dyas hat aber weitere Felder in der Nähe im Blick – das Gesamtvolumen des sogenannten GEMS-Feldes wird nach Angaben von One-Dyas und der Landesregierung auf 50 bis 60 Milliarden Kubikmeter geschätzt. 

Besteht die Gefahr eines „Lock-in“? 

Das entspreche nicht einmal dem Jahresverbrauch von Deutschland, betont Dohler. „Das heißt, das Erdgasfeld in der Nordsee wird ausgefördert sein, bevor die Gasnutzung in Deutschland und den Niederlanden zu Ende geht, wir haben also auch keinen „Lock-in-Effekt“.“ 

Vom Lock-in-Effekt ist die Rede, wenn große Investitionen in fossile Infrastrukturen getätigt werden, die dann über lange Zeiträume abgeschrieben werden müssen, da ein vorzeitiger Ausstieg zu finanziellen Verlusten führen würde. Eine Gefahr ist, dass so die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verlängert und der Übergang zu erneuerbaren Energien erschwert wird. 

Einige Wissenschaftler befürchten durch neue Gasförderungen wie vor Borkum so einen Effekt. Pao-Yu Oei, Wirtschaftsprofessor an der Europa-Universität in Flensburg, sagte kürzlich in einem Pressegespräch, er sehe die Gefahr eines „fossilen Lock-in“. Wenn durch einen Einstieg in die Gasförderung erst einmal Know-how und Ressourcen vorhanden seien, könne es aus wirtschaftlicher Sicht günstig sein, weitere Gasfelder zu erschließen.

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