
In keiner deutschen Stadt wurden zuletzt so viele neue Start-ups gegründet wie in Berlin – doch das meiste Geld fließt inzwischen nach Bayern. Die Wirtschaftssenatorin sieht den Wettbewerb gelassen.
Obwohl Investoren zuletzt mehr Geld in bayerische Start-up-Unternehmen gesteckt haben, bleibt Berlin aus Sicht von Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) die deutsche Start-up-Hauptstadt. „Wir sind immer noch die Stadt mit den meisten Unternehmensgründungen in der Digitalwirtschaft in ganz Deutschland, weit vor allen anderen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.
Allein im vergangenen Jahr seien 481 Unternehmen in der Hauptstadt neu gegründet worden. „Das ist mehr als das Doppelte von München und mehr als das zwanzigfache von oft genannten Start-up-Städten wie Heidelberg“, betonte Giffey. Zudem bleibe Berlin die Stadt mit den bundesweit meisten Investitionsrunden. 132 davon gingen laut der Senatorin im vergangenen Jahr an Berliner Start-ups, nur 76 in den Freistaat.
Mehr Geld fließt nach Bayern
Doch was die Höhe der Investitionen angeht, wurde Berlin zuletzt von Bayern überholt. Im ersten Halbjahr sammelten bayerische Wachstumsfirmen knapp 2,1 Milliarden Euro Wagniskapital ein und damit deutlich mehr als Start-ups aus Berlin (1,5 Milliarden), wie eine Studie der Beratungsgesellschaft EY zeigte.
Das hat laut Giffey vor allem mit dem Trend zu sogenannter Defense-Technologie (DefTech) zu tun, also Gründungen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich. „Hier gewinnen Bundesländer wie Bayern extrem an Fahrt, weil es dort auch traditionell die großen Produktionsstandorte für Waffensysteme und für Rüstungsindustrie gibt“, sagte die Senatorin. „Da sind große Summen dahinter, weil hier oftmals KI-Entwicklung und Industrieproduktion aufeinandertreffen.“
Dieser Trend sei auf die geopolitische Lage zurückzuführen. „So wie Berlin in der Corona-Pandemie stark über den E-Commerce Sektor wuchs, sehen wir jetzt, dass gerade massiv in DefTech und in Künstliche Intelligenz investiert wird.“
Hauptfokus: Gesundheit, Finanzen, Games
Die Landesregierung mache sich Gedanken darüber, wie sich Berlin und die Metropolregion insbesondere beim Thema DefTech stärker positionieren kann. „Viele Technologieentwicklungen, die hier in der Stadt laufen, haben eine Dual-Use-Komponente, können also auch für Verteidigungs- und Sicherheitsprodukte eine Rolle spielen“, sagte Giffey weiter.
Doch der Hauptfokus für Berlin liege neben Künstlicher Intelligenz weiterhin auf Themen wie Gesundheit, Finanzen, Nachhaltigkeit und Games. „Im Fintech-Bereich gingen 57 Prozent des Venture Capitals im ersten Halbjahr in ganz Deutschland nach Berlin, das sind rund 257 Millionen Euro“, betonte die Politikerin. Venture Capital bezeichnet Eigenkapitalinvestitionen in junge, innovative, meist nicht börsennotierte Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial und hohem Risiko.
Im Health- sowie im Bio-Bereich müsse die Hauptstadt allerdings noch stärker werden. „Noch liegt hier München vor uns, aber das wollen wir ändern.“ Giffey verwies auf eine exzellente Life Science-Forschung und eine breit aufgestellte Gesundheitswirtschaft. „Der entstehende gemeinsame Bayer-Charité Campus mit dem Translationszentrum für Gen- und Zelltherapien in Berlin-Wedding wird dem Startup-Ökosystem in Berlin einen großen Schub geben“, ist sich die Senatorin sicher.