
Die Fans im Hockey-Park standen auf den Sitzen, die Spielerrinnen tanzten vor Freude – und mittendrin war Torfrau Julia Sonntag, die eine Zehntelsekunde zittern musste und dann das Endspiel erreichte.
Mit einem ungewöhnlichen Plan ist Deutschlands Hockey-Torhüterin Julia Sonntag zur EM-Heldin aufgestiegen und mit ihrem Team ins Finale eingezogen. Eigentlich ist die 34-Jährige nur noch für eine Halbzeit in den Spielen vorgesehen, die Restzeit übernimmt ihre Kollegin Nathalie Kubalski. Doch zum Penalty-Shootout im Halbfinale gegen Belgien beorderte Trainerin Janneke Schopman wieder Sonntag ins deutsche Tor – und das mit Erfolg.
Die erfahrene Torfrau ließ die belgischen Schützinnen durch ihre guten Reaktionen verzweifeln – drei Versuche blieben erfolglos. Mit dem 4:3-Sieg nach Penalty-Shootout stehen die Hockey-Frauen nun zum zehnten Mal in einem EM-Finale und treffen dort auf den Top-Favoriten Niederlande (Sonntag, 17.00 Uhr/Magenta TV.)
Eine Zehntelsekunde zu spät getroffen
„Das Ding nach so einem Fight zu gewinnen, das ist einfach ein geiles Gefühl“, sagte die Zahnärztin aus Mönchengladbach. Einen Versuch hatte sie abgewehrt, einer war ungültig, weil die Schützin mit der falschen Schlägerseite traf, und beim letzten Versuch wehrte Sonntag erst ab und dann traf Delphine Marien doch noch ins Tor – aber das Zeitfenster von acht Sekunden war um eine Zehntelsekunde überschritten. Das musste überprüft werden, im Stadion war es plötzlich total still. Dann folgte ein Aufschrei und es gab kein Halten mehr. „Es ist der Wahnsinn“, jubelte Julia Sonntag.
Bundestrainerin Schopman hatte das alles ausgetüftelt. „Wir waren gut vorbereitet auf das Shootout. Wir hatten schon vor dem Turnier mit acht Spielerinnen zusammengesessen und wussten genau, was wir machen“, erklärte die 48-Jährige. Dazu zählte auch der Wechsel im Tor.
„Es ist gar nicht so schlecht, frisch und mit leeren Gedanken in so ein Penalty zu starten und nicht noch die Emotionen vom Spiel mitzunehmen“, sagte die Penalty-Königin der Nacht. „Das wollten wir heute mal austesten. Ich denke, das hat gut funktioniert.“