Invasive Art: Projekt zur Kontrolle von Kasseler Waschbären pausiert

  • August 19, 2025

Ein Pilotprojekt in der nordhessischen Stadt sollte helfen, die Population der invasiven Art einzudämmen. Der Landesjagdverband ging dagegen vor. Nun wird es zunächst ausgesetzt.

Das Pilotprojekt des Bundesverbandes der Wildtierhilfen (BVW) zur Reduzierung der Waschbären-Population in Kassel muss nur zwei Wochen nach seinem Start pausieren. Das teilte die Stadt Kassel mit, die sich nach eigenen Angaben für eine Fortsetzung des Projektes einsetzt. Zuvor hatte der Landesjagdverband Hessen (LJV) eine juristische Prüfung des Projektes bei der zuständigen Naturschutz- und Veterinärbehörde angestoßen. 

Bei der europaweit einzigartigen Initiative hat ein Team aus rund 30 Ehrenamtlichen und zehn Tierärzten seit Anfang August Waschbären im Stadtgebiet gefangen und sterilisiert. Anschließend wurden die Tiere wieder in die Freiheit entlassen. So sollte die Population laut dem BVW zunächst stabil gehalten werden, indem keine neuen Tiere hinzukommen. In den folgenden Jahren strebe man einen Bestandsabbau von etwa 20 Prozent an, hatte es zum Projektstart geheißen. 

Aktuelle Verordnung macht Genehmigung erforderlich

Das von der Stadt Kassel unterstützte, zunächst auf drei Jahre angesetzte Projekt sollte laut BVW wissenschaftlich durch die Universität Bonn begleitet werden. Alle behördlichen Genehmigungen lägen vor, das Vorgehen sei konform mit geltendem EU-Recht, hatte der Verband erklärt.

Nun gibt es nach Angaben der Stadt eine Zuständigkeitsverordnung der Landesregierung vom 12. August 2025, welche die Zuständigkeit für die Maßnahme neu regelt. Erforderlich sei jetzt eine Genehmigung der Oberen Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium (RP) Kassel.

Stadt hofft auf Fortsetzung des Projektes

„Wir bedauern diese Situation sehr“, erklärte Ordnungsdezernent Heiko Lehmkuhl laut Mitteilung. Im Vorfeld hätten sich in etlichen Gesprächen auf Fachebene keine Einwände gegen das Einfangen und anschließende tierärztliche Sterilisieren von Waschbären ergeben, so dass die Stadt das finanziell eigenständig getragene Pilotprojekt des BVW gerne ermöglicht habe. 

„Wir hoffen, dass auch in Zuständigkeit des Regierungspräsidiums das Projekt zeitnah fortgesetzt werden kann“, sagte Lehmkuhl. Für die Stadt stelle das tierfreundliche Projekt eine weitere Säule neben Jagd und erschwertem Nahrungszugang bei der Eindämmung der Waschbärpopulation dar, hieß es.

Das RP Kassel teilte mit, die Obere Naturschutzbehörde habe die Stadt und den BVW aufgefordert, das Einfangen und Sterilisieren von Waschbären bis auf Weiteres zu unterlassen. Um eine rechtskonforme Durchführung des Projektes sicherzustellen, sehe die Behörde die Vorlage weiterer Informationen zum Projekt als erforderlich an. „Insbesondere die Bestimmungen des Naturschutz- und des Jagdrechtes werfen hier zahlreiche Fragen auf“, hieß es. „Auch befindet sich in Prüfung, ob es sich bei dem Projekt um einen Tierversuch im engeren Sinne handelt.“

Jagdverband hält Annahmen für wissenschaftlich widerlegt

Die juristische Prüfung des Projektes hatte auch der Landesjagdverband angestoßen. Es sei nicht akzeptabel, dass ohne Genehmigungen und ohne wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis chirurgische Eingriffe an Wildtieren vorgenommen und diese anschließend wieder ausgesetzt würden, monierte er. 

„Nach Auffassung des LJV stellt dieses Vorgehen einen erheblichen Eingriff an einem Wirbeltier dar, der sowohl einer tierschutzfachlichen als auch einer tierversuchsrechtlichen Genehmigung durch die Obere Veterinärbehörde bedarf“, teilte der Landesjagdverband mit. „Wie das Regierungspräsidium Kassel auf Anfrage bestätigte, liegen entsprechende Anträge nicht vor.“ 

Darüber hinaus basiert das Projekt nach Einschätzung des LJV auf Annahmen, die wissenschaftlich eindeutig widerlegt seien. So hätten Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt festgestellt, dass weder die These eines „Bestandsanstiegs durch Bejagung“ noch die Annahme eines territorialen Verhaltens der Tiere belastbar seien. Ebenso verweise die Universität darauf, dass die Freisetzung invasiver Arten nach dem Fang nach EU-Verordnung und Bundesnaturschutzgesetz ausdrücklich untersagt sei.

Verband: Aussetzen invasiver Arten verboten

„Es ist nicht erklärbar, warum ein einmal gefangener Waschbär nach einer Sterilisation wieder freigesetzt wird“, erklärte Verbandspräsident Jürgen Ellenberger. Auch ein sterilisierter Waschbär fresse weiter Singvögel, Bodenbrüter und Amphibien. „Nach EU-Recht ist der Waschbär eine invasive Art, die zurückgedrängt werden muss. Das Aussetzen invasiver Arten ist grundsätzlich verboten.“

Derzeit gilt für erwachsene Waschbären in Hessen eine Schonzeit von März bis Ende Juni. Die schwarz-rote Landesregierung will das ändern. Die ganzjährige Jagdzeit für Waschbären ist nach Angaben des hessischen Landwirtschafts- und Jagdministeriums im Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Hessischen Jagdverordnung enthalten.

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