
Der Arbeitgeberverband BDA hat angesichts der Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung eine neue Gebühr für Arztbesuche angeregt. „Die Patientensteuerung muss besser werden. Wir schlagen eine Kontaktgebühr vor, die für jeden Arztbesuch fällig wird“, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter dem Nachrichtenportal Politico vom Mittwoch. „Unnütze Arztbesuche verteuern das System.“ Protest kam von den Gewerkschaften und Patientenschützern.
Der Vorschlag stieß beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) auf klaren Widerspruch: DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel nannte die Forderung „eine populistische Schnapsidee fürs Sommerloch“. „Wer Geld hat, den juckt die Gebühr nicht, wer keines hat, der geht im schlimmsten Fall krank nicht zum Arzt.“
Praxisgebühren hätten zudem „in der Vergangenheit schon nichts gebracht außer Mehrarbeit in den Praxen“, erklärte Piel. Sie forderte die Bundesregierung auf, die gesetzliche Krankenversicherung mit höheren und über die Jahre steigenden Bundeszuschüssen zu unterstützen. Ziel müsse „eine solidarische Bürgerversicherung“ sein, „in die alle einzahlen können“.
Kritik kam auch von der Stiftung Patientenschutz: „Immer wieder die alte Leier. Denn die Praxisgebühr ist nach vielen Jahren der Erprobung bereits 2012 abgeschafft worden“, erklärte ihr Vorstand Eugen Brysch. Sie habe bei Arztbesuchen „keine Steuerungswirkung“ gebracht. „Zudem war der Verwaltungsaufwand für die Praxen exorbitant.“ Und einige Patienten hätten „wegen der Praxisgebühr viel zu spät eine ärztliche Konsultation“ aufgesucht.
Eine Praxisgebühr hatte es von 2004 bis Ende 2012 gegeben. Gesetzlich Versicherte mussten dabei zehn Euro pro Quartal bezahlen, wenn sie zum Arzt gingen.
Wie hoch die von ihm geforderte Kontaktgebühr in Arztpraxen sein sollte, sagte Kampeter nicht. Sie müsse aber hoch genug sein, dass sie zu Verhaltensänderungen führe. „Mir geht es nicht primär um die Einnahmen, sondern darum, Ärzte-Hopping zu begrenzen.“ Damit wird die Nutzung von mehreren Ärzte gleicher Fachrichtungen bezeichnet.
Kampeter forderte außerdem grundlegende Einschnitte bei den Sozialausgaben. „Der Sozialstaat ist in den vergangenen Jahren deutlich stärker gewachsen als die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes“, sagte der BDA-Hauptgeschäftsführer. Das könne „auf Dauer nicht gut gehen“. Kampeter nannte den Sozialstaat „quasi insolvent“.