Schmerzen an Knie oder Hüfte: Krankenkassen warnen vor riskanten und teuren Arthrosespritzen

  • August 20, 2025

Knie verschlissen, Hüfte abgenutzt? Der Medizinische Dienst der Krankenkassen warnt nun vor einigen Selbstzahler-Leistungen. 

Patientinnen und Patienten mit Schmerzen an Knie oder Hüfte sollten sich aus Sicht der Krankenkassen weniger auf Selbstzahler-Leistungen beim Arzt einlassen. Spritzen gegen Knie- oder Hüftgelenksarthrose verursachen mehr Schäden, als dass sie nutzen, wie der Medizinische Dienst Bund bei der Präsentation seines neuen IGeL-Monitors mitteilte. Hierzu zählen Gelenkentzündungen oder Herzbeschwerden. Die Schmerzreduktion sei hingegen so minimal, „dass sie klinisch nicht von Bedeutung ist“.

IGeL steht für individuelle Gesundheitsleistungen in ärztlichen Praxen. Jedes Jahr geben gesetzlich Versicherte laut dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen mindestens 2,4 Milliarden Euro dafür aus. Die Orthopädie gehört mit 397 Millionen Euro zu den drei umsatzstärksten Fachgebieten im IGeL-Markt, neben Augenheilkunde mit 544 Millionen und Gynäkologie mit 543 Millionen Euro. 

Krankenkassen: Bei Hyaluronspritzen überwiegen mögliche Schäden den Nutzen

Bei den Knie- und Hüftspritzen geht es um Injektionen mit Hyaluronsäure, die fehlende Gelenkflüssigkeit ausgleichen soll. Diese Spritzen kosten pro Behandlungszyklus zwischen etwa 220 und 300 Euro. Je nach verwendetem Präparat können aber auch 500 Euro und mehr fällig werden. Dabei überwiegen bei diesen Spritzen mögliche Schäden den Nutzen laut Medizinischem Dienst deutlich. Dies gehe aus zahlreichen Studien hervor, mit denen diese Injektionen seit über 50 Jahren bewertet würden, so der Medizinische Dienst. 

Dass die Spritzen gefragt sind, liegt an der weiten Verbreitung der Arthrose und dem Fehlen einer heilenden Therapie. Schätzungsweise ist in Deutschland jede sechste Person zwischen 60 und 80 Jahren von einer Kniegelenks- und jede und jeder Zehnte von einer Hüftgelenksarthrose betroffen, bei Über-80-Jährigen deutlich mehr. Im Gegensatz zur Hyaluronsäure-Injektion werden mehrere Behandlungen, die die Schmerzen lindern und die Beweglichkeit verbessern sollen, von den Kassen übernommen – bis hin zu Gelenkersatz bei schwerer Arthrose. 

Nutzen von Stoßwellentherapie „unklar“

Auch Kalkschulter und Tennisarm treiben viele Patientinnen und Patienten in die Praxis. Die Sehnenerkrankungen beeinträchtigen Betroffene durch Schmerzen und verringerte Bewegungsfähigkeit. Hier wird ihnen oft Stoßwellentherapie angeboten, auch dies eine Selbstzahlerleistung. Und das, obwohl laut der Krankenkassen-Erhebung kaum aussagefähige Studien zu der Therapie vorliegen. Bringt Stoßwellentherapie etwas? „Unklar“, lautete das Urteil des Medizinischen Dienstes.

Der IGeL-Monitor nimmt seit 2012 die verschiedenen angebotenen Therapien unter die Lupe. Nun zogen die Expertinnen und Experten ein ernüchterndes Fazit. Von 60 geprüften IGeL wurden 31 Leistungen negativ bewertet. Bei 26 ist das Ergebnis mangels ausreichender Studien unklar. Nur 3 Selbstzahlerleistungen schneiden mit tendenziell positiv ab.

Dass IGeL trotz der ernüchternden Schaden-Nutzen-Bilanz oft durchgeführt würden, liege an mangelhafter Information der Patientinnen und Patienten in vielen Praxen, sagte der Vorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer. „Uns besorgt, dass die Patientinnen und Patienten in den ärztlichen Praxen oftmals nicht über das Schadensrisiko aufgeklärt werden“, sagte Gronemeyer. 

Zwei Neuregelungen fordert der Chef des Medizinischen Dienstes zur Eindämmung von IGeL. „Die Praxen sollten verpflichtet werden, unabhängig erstellte wissenschaftsbasierte Bewertungen und Informationen regelhaft anzubieten“, verlangte Gronemeyer. „Darüber hinaus sollten IGeL nicht an dem Tag erbracht werden dürfen, an dem sie angeboten werden.“ Die Betroffenen sollten Bedenkzeit haben.

Viele Versicherte denken laut einer Umfrage, die Leistungen seien sinnvoll, würden aber nicht mehr von den Kassen angeboten. „Das ist falsch“, sagte Gronemeyer. Er kritisierte Nutzenversprechen durch Praxisflyer und -TV. An die Adresse niedergelassener Ärzte sagte Gronemeyer: „Wir brauchen Fakten statt Werbung in den Wartezimmern.“

  • Ähnliche Beiträge

    • August 20, 2025
    Nachwuchs bei Polizei: Gewerkschaft: Nicht genug Nachwuchskräfte bei der Polizei

    Täglich mehrerer Demonstrationen, Staatsbesuche, daneben Kriminalitätsbekämpfung und Sicherheit auf den Straßen. Das Aufgabenspektrum bei der Polizei ist groß. Doch das scheint nicht zu genügen.

    • August 20, 2025
    Gefahr beim Baden: Badespaß ohne Risiko – Blaualgen nicht in gefährlicher Menge

    Beim Schwimmen können Blaualgen eine eklige Plage sein. Mehr noch: Sie sind teils gefährlich. Wie ist die Lage an den Badeseen im Südwesten in dieser Saison? Risikofreier Badespaß?

    Du hast verpasst

    Gefahr beim Baden: Badespaß ohne Risiko – Blaualgen nicht in gefährlicher Menge

    • August 20, 2025
    Gefahr beim Baden: Badespaß ohne Risiko – Blaualgen nicht in gefährlicher Menge

    Nachwuchs bei Polizei: Gewerkschaft: Nicht genug Nachwuchskräfte bei der Polizei

    • August 20, 2025
    Nachwuchs bei Polizei: Gewerkschaft: Nicht genug Nachwuchskräfte bei der Polizei

    100.000 Euro Schaden: Mehrfamilienhaus in Flammen: 140 Einsatzkräfte rücken aus

    • August 20, 2025
    100.000 Euro Schaden: Mehrfamilienhaus in Flammen: 140 Einsatzkräfte rücken aus

    Vögel in Hessen: Ab in den Süden: Zugvögel bereiten sich auf Reise vor

    • August 20, 2025
    Vögel in Hessen: Ab in den Süden: Zugvögel bereiten sich auf Reise vor

    Gefahr beim Baden: Von Blaualgen kaum eine Spur – Daumen hoch für Badeseen

    • August 20, 2025
    Gefahr beim Baden: Von Blaualgen kaum eine Spur – Daumen hoch für Badeseen

    Konjunkturflaute: Jeder Vierte will mehr Tempo bei Infrastrukturausbau

    • August 20, 2025
    Konjunkturflaute: Jeder Vierte will mehr Tempo bei Infrastrukturausbau