
Ungewöhnliches Freundinnen-Duo: Monica Lewinsky und Amanda Knox haben zusammen eine Drama-Serie produziert. Was verbindet die beiden Frauen?
Monica Lewinsky war 21 Jahre alt, als sie 1995 eine Affäre mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton einging. Amanda Knox war 20 Jahre alt, als sie 2007 ein Auslandssemester in Italien verbrachte, dort des Mordes an einer Mitstudentin beschuldigt wurde. Es sind zwei Geschichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten und die beiden Frauen dennoch eint: Sie wurden Opfer von öffentlichem Hass und Hetze, mussten Anschuldigungen und Demütigungen ertragen – bis heute. Jetzt haben sich die beiden Frauen zusammengetan und eine Serie über Amanda Knox gedreht. Ihre Mission: sich ihre Geschichten zurückzuholen. Und ihre Würde.
Getroffen haben sich Amanda Knox und Monica Lewinsky zum ersten Mal 2017 bei einer Veranstaltung, auf der sie als Rednerinnen eingeladen waren. Im Anschluss kam es zu einem Treffen in Monica Lewinskys Hotelzimmer. Lewinsky kochte Tee, das Gespräch wurde schnell persönlich. „Sie gab mir Ratschläge dazu, wie man sich seine Stimme, seine Geschichte zurückerobert. Das war ein Wendepunkt für mich“, sagt Knox in einem Interview, das die beiden dem US-Magazin „The Hollywood Reporter“ gaben. In diesem Gespräch fand auch Monica Lewinsky emotionale Worte: „Als wir uns trafen, sah ich in ihr den Schmerz, den ich auch in mir selbst sah. Sie war verzweifelt darauf bedacht, aus der Schublade herauszukommen, in die sie gesteckt worden war.“
Einige Jahre nach diesem Treffen las Lewinsky ein Interview in der „New York Times“, in dem Knox davon sprach, ihre Memoiren „Waiting to Be Heard“ verfilmen zu wollen. Was folgte, war die Idee zu einem gemeinsamen Serienprojekt.
Trailer The Twisted Tale of Manda Knox
Amanda Knox: Verwickelt in einen Mordfall, der die Welt in Atem hielt
Die Serie „The Twisted Tale of Amanda Knox„, die seit dem 20. August auf dem Streamingdienst „Hulu“ zu sehen ist, thematisiert einen Mordfall, der Ende der Nullerjahre die Welt in Atem hielt. Knox war damals Austauschstudentin in Italien, fand dort eines Tages ihre Mitbewohnerin Meredith Kercher erstochen in der gemeinsamen Wohnung. Doch man beschuldigte sie, den brutalen Mord zusammen mit ihrem Freund Raffaele Sollecito verübt zu haben. Es folgten jahrelange Gerichtsprozesse, in denen Knox – mittlerweile bekannt als „Der Engel mit den Eisaugen“ – zweimal verurteilt und zweimal freigesprochen wurde. Noch heute gibt es viele Menschen, die nicht an ihre Unschuld glauben, obwohl die Polizei schließlich einen Mann namens Rudy Guede als Täter ermittelte. Guede saß 13 Jahre lang in Haft, wurde 2024 entlassen.
Doch Lewinsky und Knox, die mittlerweile Freundinnen sind, wollten nicht nur Szenen aus Gerichtssälen reproduzieren. Sie wollten vor allem das „Danach“ erzählen, das Thema, das sie beide verbindet: „Alle anderen machen weiter, aber du musst Jahre damit verbringen, dich neu zu orientieren und dein Leben zu verstehen“, sagt Lewinsky. Die Serie werfe den Blick deshalb zurück auf die Medien und die Vorverurteilungen. „Die Leute vergessen, dass hinter all diesen Schlagzeilen echte Menschen stehen.“
In der Serie gibt es eine Szene, die eine Verhörsituation schildert, der sich Amanda Knox damals stellen musste. Wie sie beschreibt, war sie darin der Willkür von Autoritätspersonen ausgeliefert: Es waren mehrere Personen im Raum, einige schrien, schlugen sie, andere versuchten sie zu trösten. „Ich war sehr jung, emotional verletzlich und wusste nicht, was vor sich ging. Ich wurde nicht nur dazu gezwungen, mich selbst zu belasten – ich wurde dazu gebracht zu glauben, dass ich vielleicht ein Verbrechen beobachtet hatte.“
Während des Amtsenthebungsverfahrens um Bill Clinton im Jahr 1999 wurde auch Monica Lewinsky verhört. „Mein Verhör dauerte 13 Stunden, ihres etwa 50, also hat sie gewonnen“, scherzt sie im Interview.
Knox und Lewinsky: Ihre Fälle zeugen von tiefer Frauenfeindlichkeit
Die Berichterstattung über Amanda Knox und Monica Lewinsky kann man aus heutiger Perspektive als regelrechte Hetzjagd bewerten, in der sie vorgeführt und medial vernichtet wurden. „Es ist leicht, Dinge auf Frauen zu projizieren, weil wir Objekte der Fantasien anderer sind“, so Knox. Auch seien es nicht nur Männer gewesen, die sich negativ über sie geäußert hätten: Frauen seien ebenfalls an ihrer „Verfolgung“ beteiligt gewesen. „Frauen werden immer gegeneinander ausgespielt – tugendhaft versus lasterhaft“, sagt sie.
„Der Frauenhass wird internalisiert – nicht nur vom Opfer, sondern von allen Frauen, die diese Medien konsumieren. Er durchdringt, wie wir über uns selbst denken und fühlen“, ergänzt Lewinsky. Sie hat, so sagt sie, noch 30 Jahre nach dem Skandal das Gefühl, ihre Worte mit besonderem Bedacht zu wählen, um ja nicht falsch verstanden zu werden. „Was, wenn ich einen Fehler mache und alles verliere?“ Deshalb bereite sie sich auf Interviews wie das mit „Hollywood Reporter“ intensiv vor.
Lewinsky möchte mehr sein als die Frau hinter einem Skandal. Auf ihrem Instagram-Account, dem knapp 270.000 Menschen folgen, bezeichnet sie sich als Produzentin, Speakerin und Anti-Mobbing-Aktivistin, führt für einen Podcast persönliche Gespräche mit Gästen wie Miley Cyrus und Cindy Crawford.
Amanda Knox ist mittlerweile 38 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Kinder. Was sie dem Publikum mit ihrer Serie sagen will? „Man kann überleben und sich zu einer Person entwickeln, die sich nicht von der Gesellschaft einschränken lässt. Man kann Schreckliches ertragen. Lass dir von niemandem außer dir selbst sagen, wer du bist.“
Quelle: Hollywood Reporter