
Künstliche Intelligenz, Chipmangel und globale Konkurrenz: Warum die ostdeutsche Autoindustrie jetzt auf Teamwork setzt, um im Wandel nicht abgehängt zu werden.
Die ostdeutsche Automobilbranche sieht sich in einer Phase tiefgreifender Umbrüche und setzt auf gemeinsames Handeln, um international konkurrenzfähig zu bleiben. „Die geopolitischen Spannungen und volatile Lieferketten, aber auch zunehmender Wettbewerbsdruck vornehmlich aus Asien und der andauernde technologische Wandel stellen unsere Industrie vor große Herausforderungen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des Verbands Automotive Cluster Ostdeutschland (ACOD), Petra Peterhänsel, beim Jahreskongress in Leipzig, zu dem am Dienstag rund 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft kamen.
„Unvorhersehbarkeit war schon immer ein Merkmal der Automobilwirtschaft und ist die Norm im heutigen Geschäftsumfeld. Entscheidend ist, wie man damit umgeht. Für Stillstand bleibt da keine Zeit“, betonte Peterhänsel. Man stehe nicht mehr am Beginn einer neuen Ära, sondern mittendrin. Für sie ist damit klar: „Zusammenarbeit, interdisziplinäre Vernetzung und eine neue Dynamik sind die Schlüssel, um in diesem Umfeld bestehen zu können.“ Die Branche müsse die Transformation aktiv gestalten: „Wir überlassen den Wandel nicht dem Zufall und schon gar nicht den neuen Wettbewerbern.“
Von Grund auf neu denken
Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) bezeichnete den Automobilbau als „fundamentale Schlüsselindustrie“ für den Freistaat. „In Leipzig, Zwickau, Chemnitz und Dresden schlagen die Herzen der Zukunft“, sagte er. Mit einer starken Zuliefer- und Forschungslandschaft habe Sachsen eine solide Basis. Er verwies auf Halbleiterindustrie, Energienetze und neue Technologien wie Wasserstoff und Künstliche Intelligenz. Trotz Chipmangel und Lieferkettenproblemen müsse man „einige Themen erneut komplett von vorn durchdenken“. Bildung und Forschung hätten dabei für ihn oberste Priorität. „Sachsen bleibt Autoland“, betonte Panter.
Auch Thüringens Wirtschaftsministerin Colette Boos-John (SPD) hob die Rolle ihres Landes hervor. Mit Optik, Sensorik und renommierten Forschungsinstituten sei Thüringen ein „Garant für die Innovationsfähigkeit“. Protektionistische Maßnahmen wie die US-Zollpolitik brächten dagegen Unsicherheit.
Verteidigung trifft Verkehr
Einen neuen Impuls setzte Christian Growitsch vom Hamburg Institute for Innovation, Climate Protection and Circular Economy – eine privatrechtlich organisierte Einrichtung, die eng mit der Technischen Universität Hamburg zusammenarbeitet. Er warb für eine engere Zusammenarbeit zwischen Automobil- und Verteidigungsindustrie. Denn Technologien wie Batterien, Ladeinfrastruktur oder autonome Systeme seien nicht nur für den zivilen Markt, sondern auch für sicherheitsrelevante Anwendungen wichtig. Für die Automobilwirtschaft entstünden daraus konkrete Chancen: neue Geschäftsmodelle, stabilere Wertschöpfungsketten und ein Innovationsschub, der Beschäftigung sichert und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt.