OB-Wahl in Gelsenkirchen: Gelsenkirchens AfD-OB-Kandidat hofft auf CDU-Wähler

  • September 15, 2025

Die Zugewinne in der einstigen SPD-Hochburg waren deutlich, nun hat die AfD sogar Chancen auf das Amt des Gelsenkirchener Oberbürgermeisters. Hinter dem Erfolg steht ein ungleiches Duo.

Auf eine öffentliche Wahlparty hat er verzichtet, obwohl es für ihn und seine Partei viel zu feiern gab: Dem Kandidaten der AfD für das Amt des Oberbürgermeisters in Gelsenkirchen, Norbert Emmerich, war es lieber, dass die 100 bis 120 aktiven AfD-Parteimitglieder seiner Stadt in die Wahllokale gehen und sich dort vergewissern, ob richtig ausgezählt wird. 

Misstrauen gegenüber dem Staat? Davon will der 72-jährige gelernte Bankkaufmann, der früher bei der Dresdner Bank und bei der Sparkasse gearbeitet hat, nichts wissen. „Das ist eigentlich kein Misstrauen – ich als alter Banker sage, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ 

Bei der Oberbürgermeister-Wahl kam Emmerich hinter der SPD-Kandidatin als Zweiter ins Ziel und damit in die Stichwahl. Die CDU-Kandidatin wurde abgeschlagene Dritte – die Christdemokraten waren am Wahlabend im Gelsenkirchener Hans-Sachs-Haus, wo der Stadtrat tagt, im Raum direkt neben der AfD versammelt. Auch im Gelsenkirchener Stadtrat legte die in Teilen rechtsextremistische AfD deutlich zu und schloss zur SPD auf. 

Im Wahlkreis Gelsenkirchen hatten die Rechtspopulisten bereits bei der Bundestagswahl im Februar die meisten Zweitstimmen geholt. Die kriselnde Bergbau-Stadt im Ruhrgebiet, das für seine frühere Kohle- und Stahlindustrie bekannt ist, hat die höchste Arbeitslosenquote Deutschlands.

Während bei der AfD am Wahlabend nur Emmerich, die AfD-Vize im NRW-Landtag, Enxhi Seli-Zacharias und ein weiterer Kommunalpolitiker erschienen und sich den Pressevertretern stellten, hatte die CDU nebenan zur Wahlparty geladen. Dort war der Saal zwar voll, die Stimmung aber gedämpft.

Blick auf die CDU

Ob AfD-Mann Emmerich es tatsächlich an die Rathausspitze der Ruhrgebietsstadt schafft, dürfte von CDU-Wählern abhängen. Geben diese im zweiten Wahlgang der AfD die Stimme? Oder doch lieber der SPD-Kandidatin? „Wollen sie ein Weiter-so oder eine tatsächliche Veränderung? Das müssen CDU-Wähler entscheiden“, sagte Emmerich. Seine Chancen wollte er nicht konkret einschätzen. „Das ist kein Wunschkonzert, ich handele nach der Realität.“ 

Als eine Maßnahme, die er ergreifen würde, nannte Emmerich Videokontrollen in sozialen Brennpunkten und das Ahnden von illegal abgestelltem Sperrmüll in den Straßen. Die Stadt müsse sauberer und sicherer werden, sagte Emmerich, der doppelt so alt ist wie seine AfD-Kollegin Seli-Zacharias, die ebenfalls im Gelsenkirchener Stadtrat sitzt. Er ärgerte sich über Falschparker, deren Vergehen ungeahndet bleiben. „In Gelsenkirchen kann ich eine ganze Woche im absoluten Halteverbot parken und es kümmert keine Sau.“ 

Die Themen: Falschparker, illegaler Sperrmüll und „Armutsmigration“

Der weißhaarige, ruhig auftretende Mann wirkt in blauem Sakko und grauer Hose etwas großväterlich, fast bieder neben seiner Parteikollegin Seli-Zacharias, die mit 31 Jahren in etwa halb so alt ist wie er und mit scharfer Rhetorik „eine harte Hand“ gegen die „Armutsmigration“ forderte und „das Thema Islam“ angehen möchte. Seli-Zacharias wurde in Albanien geboren, sie kam mit ihrer Familie als Kind nach Deutschland.

Sie sitzt auch im Gelsenkirchener Stadtrat. Dort stellt sie die AfD nicht nur als Volkspartei dar („Die Altparteien haben ausgedient“), sondern auch als Partei, die von vielen Migranten unterstützt werde – und zwar von „top integrierten Menschen“. 

Am Ende des Abends geht es für die AfD dann im kleinen Kreis doch noch auf einen kurzen Absacker in eine Kneipe. „Ein Bier vielleicht“, sagt Emmerich im Hinausgehen. „Alt werde ich heute nicht mehr.“

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