
Eine Studie zeigt: Trotz Verbots können Jugendliche „Pouches oder „Snus“ genannte Nikotinbeutel online bestellen. Auf eine Alterskontrolle scheinen Verkäufer zu verzichten.
Sie sind unscheinbar, diskret und können besonders für Jugendliche schnell gefährlich werden: kleine Nikotinbeutel, auch als „Pouches“ oder „Snus“ bekannt. Seit 2021 fallen sie in Deutschland unter das Lebensmittelrecht und dürfen wegen ihres hohen Nikotingehalts nicht legal verkauft werden – und das sogar ganz unabhängig vom Alter der Käufer. Doch wie eine Studie zum Thema Nikotinbeutel und Jugendschutz jetzt zeigt, kann das Verbot leicht umgangen werden. Forschende am Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel haben im Selbstversuch herausgefunden: Wer in einem Onlineshop bestellt, bekommt seine Lieferung, egal wie alt er oder sie ist.
Kein Schutz vor illegalem Onlinehandel
Im Januar und Februar 2025 bestellten die Forschenden demnach testweise 16 Nikotinbeutel über verschiedene deutschsprachige Webseiten. Das Ergebnis: Alle 16 Bestellungen wurden zugestellt, bei keiner einzigen Lieferung wurde das Alter der Besteller überprüft, weder beim Bestellvorgang noch bei der Zustellung.
Die Onlinebesteller dokumentierten ihre Versuche und meldeten Verstöße an die lokalen Behörden, doch diese reagierten sehr unterschiedlich: „Im Rahmen der Anzeigen zeigte sich ein recht diverses Vorgehen der einzelnen Behörden. Die Reaktionen reichten von unmittelbaren Untersuchungen der Musterproben, Verkaufsverboten bis hin zu Vertröstungen“, heißt es in der Studie.
Nikotinsalze, Aromen und Trägerstoffe statt Tabak
Die Wirkung von „Snus“ ist schnell und stark, denn die Päckchen werden zwischen Oberlippe und Zahnfleisch geklemmt, sodass das Nikotin über die Mundschleimhaut direkt in den Körper gelangt. Optisch ähneln die Beutel einem namensgleichen Tabakprodukt, das in der ganzen EU, außer in Schweden, verboten ist. Der Unterschied: Schwedisches „Snus“ enthält Tabak. Im Rest Europas dagegen bestehen die Beutel aus Nikotinsalzen, Aromen und Trägerstoffen. Doch trotz fehlenden Tabaks sind auch sie riskant und für Minderjährige tabu.
Dass Käufer offenbar trotzdem problemlos und unkontrolliert an die verbotenen Produkte kommen können, ist vor allem für den Jugendschutz ein ernstes Problem. Laut dem DAK-Präventionsradar 2022/2023, für das rund 12.700 Jugendliche befragt wurden, hat bereits jeder siebte Schüler und jede zehnte Schülerin im Alter von 16 oder 17 Jahren mindestens einmal Nikotinbeutel konsumiert.
Vor allem Jugendliche mit niedrigem sozialem Status und hoher Risikobereitschaft konsumierten Nikotinbeutel, berichtet die Stiftung Kindergesundheit. Ein Mischkonsum mit E-Zigaretten, Shishas und klassischen Zigaretten sei die Regel. „Pouches“ seien diskret, leicht zu verstecken, schnell mit einem harmlosen Kaugummi zu verwechseln und würden in sozialen Netzwerken als „Alltagsbegleiter“ oder „Leistungsbooster“ beworben.
Nikotinbeutel enthalten bis zu 50 Milligramm Nikotin
Doch die Nikotinbeutel sind alles andere als harmlos, denn sie können hohe Nikotinmengen enthalten, im Extremfall sogar bis zu rund 50 mg pro Beutel, wie das Bundesinstitut für Risikobewertung 2022 feststellte. Zum Vergleich: eine Zigarette enthält etwa 8 bis 12 mg Nikotin.
Schon ein einzelner Beutel könne Schwindel, Übelkeit oder Herzrasen auslösen, warnte das Institut. Bei regelmäßigem Konsum drohe eine rasche Nikotinabhängigkeit mit gravierenden gesundheitlichen Folgen wie Beeinträchtigung der Gehirnentwicklung und Herz-Kreislauf-Problemen. Außerdem könnten die Beutel krebserregende Stoffe enthalten.