Rechtsextremismus an Schulen: Fast alle scheinen ihn zu erleben – und manche wagen offenbar kaum noch laute Widerrede. stern und RTL haben mehr als 1000 Lehrkräfte befragt.
In einer nicht-repräsentativen Online-Umfrage von sternund RTL hat jede achte teilnehmende Lehrkraft angegeben, negative Reaktionen aus rechtsextremen Kreisen zu befürchten, wenn sie sich im Unterricht offen für demokratische Werte einsetzt. Befragt wurden zwischen Mitte September und Mitte Oktober mehr als 1000 Lehrkräfte, die kontaktiert wurden über Landesverbände der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Demnach wünschen sich 57 Prozent der Teilnehmenden mehr Unterstützung bei rechtsextremen Angriffen. 64 Prozent gaben in der exklusiven Befragung an, sie hätten noch nie eine Schulung oder Fortbildung zu diesem Thema gehabt.
Ein Großteil der Lehrkräfte hat an der Schule Erfahrungen mit Rechtsextremismus gemacht
Mehr als 90 Prozent der Teilnehmenden arbeiten in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder Thüringen. Das nicht-repräsentative Stimmungsbild ist Teil einer crossmedialen Recherche zum Rechtsruck an Schulen, den offenbar auch die befragten Lehrkräfte in ihrem Arbeitsalltag registrieren: 82 Prozent haben im vergangenen Schuljahr rechtsextreme Äußerungen von Schülern mitbekommen, 22 Prozent erlebten solche Äußerungen wöchentlich. 55 Prozent gaben an, rechtsextreme Vorfälle hätten in den vergangenen fünf Jahren zugenommen.
Die Umfrageergebnisse decken sich mit polizeilichen Zahlen: Die gemeldeten rechtsextremen Straftaten an Schulen erreichten im vergangenen Jahr einen Höchststand. Zugleich scheint auch die AfD manche Schulen zu verunsichern. Mit Kleinen Anfragen in verschiedenen Landtagen erkundigt sich die in Teilen rechtsextreme Partei regelmäßig nach vermeintlichen Verstößen gegen das Neutralitätsgebot an Schulen. In den vergangenen Jahren hatte die AfD zudem mit Meldeportalen für Aufsehen gesorgt, über die Lehrkräfte gemeldet werden konnten, die sich angeblich zu politisch geäußert hatten.
Auch in der Umfrage gab jede sechste Lehrkraft an, das Neutralitätsgebot sei schon einmal als Argument genutzt worden gegen ihren Einsatz für demokratische Grundwerte – meist in persönlichen Gesprächen, vereinzelt auch in Form einer Beschwerde bei der Schulleitung oder sogar einer Dienstaufsichtsbeschwerde. 24 Prozent gaben zudem an, die AfD sei in den vergangenen beiden Jahren in unmittelbarer Nähe der Schule in Erscheinung getreten, etwa mit Infoständen – keine andere Partei wurde von den Teilnehmenden öfter genannt. Am zweit- und dritthäufigsten wurden CDU und SPD genannt, und zwar von 14 und elf Prozent der Befragten.





