Herzinfarkt nach Grippe? Neue Zahlen zeigen, wie stark manche Infektionen das Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen – und wie Impfungen schützen können.
Grippeviren und Coronaviren erhöhen Forschern zufolge kurz nach der Infektion deutlich das Risiko für akute Herz-Kreislauf-Erkrankungen. So steigt das Risiko eines Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls nach einer Infektion mit einem Grippevirus auf das Vier- bis Fünffache. Bei Sars-Cov-2 erhöht sich das Risiko eines Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls jeweils auf etwa das Dreifache, wie ein Forschungsteam um Kosuke Kawai von der University of California in Los Angeles im Fachmagazin „Journal of the American Heart Association“ in einer Überblicksstudie berichtet. Andere Viren führen zu geringeren, aber längerfristigen Risiken.
Es ist inzwischen bekannt, dass Humane Papillomviren, Hepatitis-B-Viren und andere Viren Krebs auslösen können. „Der Zusammenhang zwischen Virusinfektionen und anderen nicht übertragbaren Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist jedoch weniger gut verstanden“, wird Kawai in einer Mitteilung der American Heart Association zitiert. Er und seine Kollegen fanden in mehreren medizinischen Datenbanken über 52.000 Studien zum Zusammenhang zwischen Virusinfektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus dem Zeitraum 1997 bis 2024. Davon wählten sie 155 aus, die ihren Qualitätsanforderungen entsprachen und die durch statistische Methoden vergleichbar gemacht werden konnten.
Reaktion des Immunsystems setzt Substanzen frei
Am deutlichsten zeigte sich in der Analyse der Zusammenhang bei Infektionen mit Sars-Cov-2 und Grippe. Das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, ist in den vier Wochen nach dem Beginn einer Grippe fünfmal so hoch wie bei Menschen ohne Grippe. Im selben Zeitraum ist das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, viermal so hoch. Innerhalb von vier Wochen nach einer Sars-Cov-2-Infektion ist das Herzinfarktrisiko um das 3,1-Fache und das Schlaganfallrisiko um das 2,9-Fache erhöht. Die Forscher erklären das erhöhte Risiko damit, dass bei der natürlichen Reaktion des Immunsystems auf Virusinfektionen Substanzen freigesetzt werden, die Entzündungen auslösen und die Blutgerinnung fördern, was das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigt.
Die Analyse ergab außerdem, dass bei einer Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), das Aids verursacht, das Herzinfarktrisiko um 60 Prozent und das Schlaganfallrisiko um 45 Prozent erhöht ist. Die Virenkrankheit Hepatitis C steigert das Herzinfarktrisiko um 27 Prozent, das Schlaganfallrisiko um 23 Prozent. Beim Varizella-Zoster-Virus (Gürtelrose) fällt die Risikoerhöhung noch etwas geringer aus (Herzinfarkt: 12 Prozent, Schlaganfall: 18 Prozent). All diese Zahlen beziehen sich ebenfalls auf den Zeitraum vier Wochen nach der Infektion. „Die mit diesen drei Viren verbundenen Risiken sind jedoch weiterhin klinisch relevant, insbesondere weil sie über einen langen Zeitraum bestehen bleiben; darüber hinaus betrifft Gürtelrose etwa jeden dritten Menschen im Laufe seines Lebens“, betonte Kawai.
Grippeimpfung kann nicht nur vor Grippe schützen
Die Studienautoren plädieren dafür, vermehrt gegen Viren zu impfen, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen können. „Prävention ist besonders wichtig für Erwachsene, die bereits an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden“, sagte Kawai. In der Studie verweisen die Wissenschaftler auf eine Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2022: Eine Grippeimpfung sorgte demnach für ein um 34 Prozent geringeres Risiko, eine schwere Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden.
In der aktuellen Studie zeigte sich auch ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei anderen Viren, etwa dem Herpes-simplex-Virus 1, dem Hepatitis-A-Virus, dem Humanes Papilloma-Virus sowie den Viren, die Dengue-Fieber und Chikungunya-Fieber verursachen. Allerdings waren die Ergebnisse weniger eindeutig als bei den oben genannten Viren. Die Studienautoren fordern weitere Forschung zum Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, weil diese Virusinfektionen global weit verbreitet sind.





